Volltext: Die Lebensgeschichte Franz Stelzhamers 2. Theil [30] (II. Theil / 1932)

Der gesegnete Lebensherbst, als Hinterlage Reim und Prosa in Hochdeutsch. 275 
Tu's, Giulio, tu's! und beim kümmerlichen Glimmen der 
Würmer betrachtete die Mutter den Sohn, bis ihr die Augen ver 
gingen — jetzt und in der Stunde unsers Absterbens — murmelte 
sie, — und dann — war sie — tot. 
Der Sohn schluchzte: Amen! 
Oie drei Schlemmer. 
Der Tag brach an. Die Rose des Morgenrots blühte empor über 
die Berge, und das kleine Geblüm auf Erden blickte fromm, und 
nickte und hauchte in kindlicher Andacht seinen Mpferduft der Köni 
gin entgegen. Es war jenes rührenderhabene Morgenschauspiel, das 
die Emsigen in ihrer Emsigkeit, und die Faulen aus Trägheit oft 
Zeit ihres Lebens anzusehen versäumen. 
Doch diesmal, Gottlob! ist meine Klage eitel; sieh, die liedhal 
lende, duftschwellende Landschaft gewinnt Staffage: drei Jünglinge 
steigen den waldigen Hang empor zur heitern Höhe! — Aber warum 
denn so still, ihr Jungen, so blaß und unbehende, nicht lustig plau 
dernd und mit den Armen. fechtend? warum denn die Häupter so 
hangend, die Wangen so fahl, das Haar so wirr, die Augen so stier 
und scheu, wie verwirrtes Vieh auf der weide? Und, du lieber 
Gott, wie steckt ihr denn in den Gewändern? Alles verschoben und 
verrückt, die Krause schmutzig und besudelt! Kommt ihr den festlich 
geschmückten Morgen zu höhnen? — 0, ihr wüsten Gesellen! — 
was hör' ich, ödere täuscht mich mein 0hr? Rein, nein, das ist 
Fluch, unchristlicher, gräßlicher Fluch, den einer vor sich hinmurrt, 
und horch, die gellende Lache des Zweiten, die sich als Hohn in 
einem Zotenliede artikuliert und endigt. — Pfui, ihr abscheulichen 
Beiden! — Der Dritte schweigt und schreitet, wie taub und stumm, 
und tief, tief in sich verloren und versenkt. 
So gelangten sie gegen die Kuppe des Hügels, den die fromm 
gläubige Umwohnerschaft dem großen Gedächtnisse der Menschen 
erlösung geweiht hatte; auf drei schlanken, hohen Stämmen mit dem 
Tuerholze siehst du den Gottmenschen inmitten der beiden Schächer! 
— Eben entquoll die Sonne aus der Unendlichkeit des Raumes und 
stürzte, ein feuriger Gießbach, über die Berge auf die Höhe. — 
Golgatha stand verklärt zum lichten Tabor — ein herrlicher, er 
schütternder Anblick war's. —. wie drei eingepfählte Stäbe standen 
die Burschen einen Augenblick, ach, nur einen! bis der Sonnenguß 
auch die Niederungen schwellte und die ganze Welt unterging irrt
	        
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