Volltext: Die Lebensgeschichte Franz Stelzhamers 2. Theil [30] (II. Theil / 1932)

Der gesegnete Lebensherbst, als Hinterlage Reim und Prosa in Hochdeutsch. 
seine Blicke hinaus in die eben beginnende Schöpfung, wies und 
hob die abschweifend irrenden Sterne in ihre Bahnen, zeichnete die 
flüchtig geschriebenen schärfer, markte die Kreuzungen u. a. m., und 
als die Schöpfungen allgemach zu grünen, blühen und brüten be 
gannen, ach da hatte der Engel Tag und Nacht zu tun, Keimen 
den Grund zu lockern, Knospen auszuhülsen, Küchlein aus den Eiern 
zu helfen u. dgl.; allein der Engel sollte ein würdigeres, wenn auch 
schwierigeres Geschäft bekommen. Auf einem jungen, schönen 
Stern lagen unweit der Schwelle eines wunderbaren Gartens zwei 
geknickte Blumen von so seltener Form und Schönheit, dergleichen 
er auf keinem Sterne noch gefunden hatte. Mitleidig, wie er war, 
wollte er sie aufrichten, doch kaum hatte er sie berührt, als sie zuckten, 
in die Höhe sprangen und davonliefen — das gefallene in betrübter 
Ohnmacht liegende Menschenpaar wars. Da sie ihm nicht ent 
laufen konnten, erzählten sie ihm endlich ihr Unglück und weinten 
bitterlich. Und der Engel ward gerührt und weinte mit ihnen, 
dann aber tröstete er sie und versprach sie und ihre Kinder nirgends 
und niemals zu verlassen. Darauf führte er sie aus der Wildnis, 
deckte, als sie erschöpft hingesunken, feine Flügel über sie, lehrte sie 
dann eine wohnliche Hütte bauen, wies sie an, Kleider zu ver 
fertigen und dem unwirtlichen Boden ihren Unterhalt abzugewinnen, 
rettete sie dann vor Verzweiflung nach dem ersten gräßlichen Bruder 
mord, verließ sogar den unglücklichen Mörder nicht ganz und gar, 
und hielt sein Versprechen und erwies sich tätig durch all die Aeren 
der Menschengeschichte, bis auf unsere Tage. Seine letzte Tätigkeit 
aber wird fein, der Not des letzten Unglücklichen zu steuern. Dann 
nimmt er dessen Seele und kehrt mit ihr zurück in den Fimmel, 
wo lauter Herrlichkeit und Glückseligkeit ist, jetzt und allwegs und 
zu ewigen Zeiten. Amen. 
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Aus: „Mein Gebankenbuch". 
Die Hoffnung ist das — ewige Licht, das im Armenseelen 
kämmerlein — des Erdenlebens vom alten Mesner — Glauben — 
unterhalten wird. Werke der Frömmigkeit sind das Oel. 
Die Entfernung von der Natur ist zugleich auch die Ent 
fernung von Gott. 
Das Herz ist ein Abgrund, den die ganze Welt nicht ausfüllt. 
Die Liebe allein vermag einen schwachen Steg darüber zu bauen, 
und es ist des Menschen höchste Seligkeit, darauf stehend und sich 
wiegend in die schwindelnde Tiefe hinunter zu schauen; aber weh 
ihm, der vergißt, öfter nach Oben zu blicken! Der Kopf wird ihm 
wirbelig — er stürzt hinab und — ist für diese Welt verloren.
	        
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