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Herrenstuben des 16. Jahrhunderts, in welchem infolge der Einführung des
römischen Rechtes der Stammbaumstolz ungemessen emporgeschossen war,
von dem arbeitenden Volke als von einem „Pöfel" sprach und in beit
Streitschriften und Junkerbriefen auch so schrieb; der Mehrzahl nach aber
bestand zwischen den Obrigkeiten und Untertanen ein vielfältig patriarcha
lisches Verhältnis. Erstere Wichten den Wert tüchtiger Arbeit, die auch
ihnen reichen Nutzen bot, zu schätzen, letztere freuten sich über das Wohl
wollen und den Schutz der Grundherren, der ihnen samt Weib und Kind
bei Haus und Hof zuteil wurde. Was zu allen Zeiten schwer fiel und
was jeder schwer empfand, das war die Unfreiheit von Grund und Voden,
betreffs dessen Bewirtschaftung der Holde an die Zustimmung des Grund
herrn oder seinen Pfleger gebunden war. Da auch Handel und Wandel
in die vielfältig überlebten Satzungen der Gewohnheit, welche vor allem
den Fronhof begünstigten, eingezwängt waren, so konnte sich der Unter
nehmungsgeist einzelner tüchtiger Männer nicht entfalten und auf andere
anspornend wirken. Daher bemerken wir, daß sich Wirtschaft und Viehzucht
samt Haushandwerk und Hantierung durch lange Jahrhunderte stets ziemlich
in den gleichen Gleisen bewegten, die der Sohn zur Zeit, als sein Vater
Stifter gewesen war, als althergebrachte Gewohnheit kennen gelernt hatte.
Erst als im Jahre 1848 Grund und Boden freigegeben wurden, fielen nicht
nur die alten Bannzäune, sondern auch die Schranken, welche die Land
wirtschaft sowie die Entfaltung des geistigen und wirtschaftlichen Fortschrittes
eingeengt hatten. Wie würde ein alter Mühlviertler Bauer von anno
dazumal dareinschauen, wenn er jetzt die Tratfelder verbaut und Handel
und Wandel freigegeben fände. —
Hiemit Schluß dieser Skizze.
Rückblick und Ausblick.
Schwer war die Lage der Untertanen wie des ganzen Landes in
den vielen Kriegszeiten, die Jahrhunderte hindurch bis herein in die
Franzosenzeit. —
Und nun, nach einem weiteren Jahrhundert — der Weltkrieg! Wohl
blieb unser Heimatland verschont von feindlicher Invasion; aber der Leiden
sind wahrlich genug mit herübergekommen und mit seinem schrecklichen
Gefolge an Habsucht, Rohheit, Gottlosigkeit ist er eingebrochen in das Ge
biet unserer gemeinsamen idealen Güter. Da muß sich der Bauer doppelt
auf sich selbst besinnen, auf die Herhaltung, Neubelebung und Wieder
gewinnung altererbter deutscher Väter Art und Sitte: Vollkraft, Bieder
keit, Gradheit, Rechtlichkeit und ein ernste; Gutmeinen, damit er selbst
Bauer bleibe, wie er es durch Jahrhunderte gewesen. Und dann Achtung
vor dem christlichen Bauernhause voll frischer, froher Arbeitskraft und
festem Gottvertrauen, als dem Fundamente unserer heimatlichen Volks
wirtschaft.
Die heimatgeschichtliche Vorzeit, in die uns die kleine Wanderung
zurückgeführt, heimelt an trotz aller anhaftenden Härten m ihrer schlichten
Häuslichkeit inmitten des vertrauten Ratnrlebens mit dem patriarchalischen
Grundzuge der vorherrschenden Naturalwirtschaft und ihrer Handsamen
Verwaltung.