Volltext: Matosch-Gedenkbuch [20]

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lofigkeit des Kindersinnes" und die „Erleuchtung eines Sehers", von der 
Dieses Werk zeugt, unser Meister seinen Nachruhm viel mehr den Erzeug 
nissen seiner Stahlschneidekunst, als seinem literarischen Geistesprodukte 
verdanken wird. 
Sonst war es während des Krieges im oberösterreichischen Dichter- 
himmel, in dem es übrigens auch vor demselben nicht laut hergegangen 
ist, ziemlich ruhig. Einer unserer wenigen Dramatiker, Gustav Streicher, 
ein junges, vielversprechendes Talent, ist bereits vor dem Kriege gestorben. 
Im reifen Mer verließ uns während des Krieges einer unserer 
'Besten, der Lyriker und Dialektdichter Dr. Anton Matosch. Seine Dichter- 
gabe mögen andere, die dazu berufener erscheinen, schildern, nach meiner 
.persönlichen Meinung reichen einige seiner lyrischen Gedichte, mir fällt da. 
vor allem das „'s Lercherl" ein, in Form und 1 Inhalt an Goethesche 
Lyrik hinan. 
Noch muß ich, wenn ich vom oberösterreichischen Dichterhimmel 
spreche, auch unseres größten lebenden Landsmannes — er ist zwar nicht 
in Oberösterreich, sondern in Salzburg geboren, hat aber in, Linz seine 
ganze Jugend zugebracht — Hermann Bahrs, Erwähnung tun. Sein 
Internationalismus, seine Wandelbarkeit und seine Anpassungsfähigkeit 
sind aber nicht oberösterreichisches Wesen, sie sind dem Erdgeruch, der diesem 
anhaftet, und dem Konservatismus, der zu seinen besonderen charakteristi 
scheu Eigenschaften gehört, so fremd, daß er es wohl nicht übelnehmen 
wird, wenn wir ihn nicht zu den Unseren zählen. 
Dagegen gehört der alte Snmhaber sicher hieher. Er ist trotz seiner 
gegenwartsfremden Muse ein echter Landsmann. Gegenwartsfremd? Wenn 
ich dürfte, könnte ich es verraten, daß er vor nicht allzulanger Zeit einer 
Linzer Tischgesellschaft, in der er verkehrt, ein Gedicht gewidmet hat, 
welches in Form und Inhalt durchaus modern anmutet, doch aber zum 
Schönsten gehört, was er bis heute gesungen hat. 
Auch Dr. Teutsch mann lebt unter uns. Auch er gehört zur Gilde 
unserer Landesdichter. Auch er stellt sein Licht lieber unter den Scheffel, 
-ehe er es weithin leuchten läßt, wozu er sicher berechtigt wäre. 
Für das literarische Bedürfnis sollte, so glaubte man wenigstens 
bisher, insbesondere das Theater sorgen, vor allem m einer Provinzstadt, 
wo andere Quellen zur Befriedigung literarischer Genüsse nur im be 
schränkten Maße vorhanden sind. War dies schon vor dem Kriege unter 
der Direktion Elaar nur in sehr beschränktem Maße der Fall, so hat der 
Krieg wie überall, auch in Linz das Theater auf ein Niveau herunter 
gedrückt, in dem man auch nicht die Faser eines Kunstinstitutes mehr ent 
deckt. Operetten und nichts als Operetten! Hie und da einmal unterbrochen 
von einem blöden Schwank oder einem alten Schmöker Moser-Kadelburg- 
scher Fraktur. In der ganzen Saison kein halbes Dutzend Neuigkeiten von 
literarischem Werte, als Aufputz höchstens ein paar Klassiker-Vorstellungen 
in mangelhafter Darstellung. So spielt sich das Repertoire seit Beginn 
des Krieges hier ab. Die Direktion Elaar hat uns mit Ruten gezüchtigt, 
ihr Nachfolger, die Direktion Höller, besorgt dies mit Skorpionen. Freilich, 
eine Rechtfertigung hat die Theaterleitung: das Publikum, dem dies ge 
fällt und das jeden Abend das Haus füllt. Dieses Publikum ist, wie 
überall so auch hier, ein ganz anderes geworden, als es vor dem Kriege 
war. Der gebildete Mittelstand hat sich zurückgezogen und meidet jede
	        
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