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Gräuel der Verwüstung gebracht, wie solcher seit der Zeit der
Völkerwanderung nicht mehr erlebt worden war. Diese Raub¬
und Verheerungszüge der Ungarn begannen im I. 900, und
erneuerten sich oftmals; die wilden Horden auf ihren flüchtigen
Rossen ergoßen sich über den Inn hinaus bis iu das Innere
von Teutschland, und verwüsteten auf dem Wege Alles mit
Feuer und Schwert; alle Orte und Kirchen des Flachlandes
gingen in Rauch auf; Männer und ältere Frauen ivutden hin¬
gemetzelt, jüngere Frauen und Mädchen mit den Haaren anein¬
andergebunden, und in die Sklaverei geschleppt; was fliehen
konnte, floh in die Wälder und in die unzugänglichen Gebirge.
Das offene Land von der Leytha bis zum Lech hinaus ward in
eine Wüstenei verwandelt. Erst im Jahre 955 wurden die
Ungarn vor den Mauern von Augsburg auf das Haupt ge¬
schlagen, und bis auf wenige Mann vollends aufgerieben.
Nun erst kehrte die Ruhe wieder; die entflohenen Ein¬
wohner kehrten in ihre verlassenen Wohnplätze zurück; das ver¬
wüstete Land wurde wieder bebaut; die zerstörten Ortschaften,
Kirchen und Höfe erhoben sich aus dem Schutte, und in die
entvölkerten Gegenden wurden neue Kolonisten aus Oberbayern,
Schwaben und Franken eingeführt; so trat allmählich wieder ein
geordneter Zustand ein. Zum Schutze des Landes entstanden
an den Strömen und Handelsstraßen mit Mauern und Gräben
umgebene Städte und befestigte Plätze.
Vorzüglich belebte sich das fruchtbare Pramthal, wie auch
die Thäler an der Rab, am Mefsenbach und an der Fndach;
in rascher Aufeinanderfolge entstanden viele neue Ortschaften,
und die in steter Zunahme begriffene Bevölkerung erbaute sich
so viele nachmalige Rittersitze des Mittelalters stehen Uber einer Heiden¬
schanze. — Wie viele Ortschaften, Flecken, Schlösser, Kirchen und Dörfer
nennen sich neu, wie z. B. Neumarkt, Neuhofen, Neuburg, Neukirchen,
Neudorf, u. a. m.; sie sind alt; sie entstanden auf uralten Fundamenten,
wie denn auch Uber so manchen vermeintlichen Urwald der Pflug schon längst
hingegangen ist; darum rühren denn auch die, in den zu Oberudorf und
Oberhaigen gehörenden Waldfluren noch ersichtbaren Spuren der einstigen
Ackeranlagen aus einer sehr alten Zeit. —