Volltext: 24. Folge (24. 1936)

revisionistisches 
NACHRICHTENBLATT 
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für die jüdische Bevölkerung der 
Alpenländer. Organ der 
!?vjeu - Zionistischen (Organisation. 
Slwan 56960 21^ Folge. LINZ a.D., [{..Juni 1936. 
Zu den Ereignissen in Palästina. 
Ein altes Sprichwort besagt, daß die Zeit der beste Lehrmei¬ 
ster sei. Das gilt fürwahr auch im Zionismus. Noch im Herbst des ver¬ 
gangenen Jahres wurde die Lage in Palästina von den offiziellen zioni¬ 
stischen Stellen, wie der Jewish Agency u.s.w., als überaus befriedigend 
bezeichnet und es war in zionistischen Kreisen ein geflügeltes Wort vom 
„guten Oberkommissär" zu sprechen. Von revisionistischer Seite wurde ie- 
doch seit Jahr und Tag auf die gefährliche Situation hingewiesen, die in 
ciex' Außerachtlassung jedweder politischen Sicherung des Aufbauwerkes ge~ 
legen war. Die seit langer Zeit vom palästinensischen Hochkommissar be¬ 
wußt geführte antozionistische Politik, die auf die Erzwingung des Palä¬ 
stina-Parlamentes hinzielte, mußte die Araber immer mehr in der Meinung 
ostärken, daß ihre Zeit für einen neuen Anschlag gegen das Zionistische 
Aufbauwerk gekommen wäre. 
Wochenlang konnte man vor dem Ausbruch der Katastrophe in Palästina 
aus Berichten und Zeitungsmeldungen entnehmen, daß von nationalistischer 
arabischer Seite die Bevölkerung systematisch gegen die Juden aufgewie¬ 
gelt wurde.; Von jüdischen verantwortlichen Stellen, ja selbst von nicht- 
jüdischen Kreisen wurde der britische Hochkommissär auf diese steigende 
i,rregung der arabischen Bevölkerung aufmerksam gemacht. Bereits am 
o.April l.J. richtete Präsident Jabotinsky Telegramme nach 
London^und Jerusalem, in denen er auf die drohende Gefahr hinwies und 
sofortige Maßnahmen verlangte. Trotzdem wurde seitens der Palästina-Ver¬ 
waltung keine^ Maßnahmen ergriffen, da man durch die anwachsende bedrohli¬ 
che Stimmung im Lande die Juden für das Parlaments-Projekt gefügiger zu 
machen glaubte. Leider aber sollte dieses traurige Spiel mit dem Feuer 
ein tragisches Ende nehmen. Alle Zionisten und alle Juden 3ind von der 
geradezu lyrischen Verhimmelung des „guten High-Comissionar" geheilt. 
Das blutige Opfer seiner verfehlten Politik aber sind wir Juden geworden. 
Fast dreißig hoffnungsvolle jüdische Menschen, Menschen des jüdi¬ 
schen Alltags, die sich in ihrer neuen Heimat eine neue bescheidene Exi¬ 
stenz aufgebaut hatten, sind meuchlings gemordet worden, friedliche Juden 
die ahnungslos und zufrieden ihrem Berufe nachgegangen sind, wurden das 
Opfer^einer vertierten arabischen Mordbande. Und da zeigte es sich, wie 
traurig es um die ^Sicherheit" des Jischuws bestellt war. Die ungenügend 
organisierte und viel zu schwache Polizei war durch die plötzlich eintre¬ 
tenden Ereignissen überrumpelt worden und stand ihnen vollständig ohn¬ 
mächtig gegenüber. Mit blütenden Herzen mußten wir Juden zusehen, wie 
friedliebende jüdische Menschen, die keiner Seele etwas zuleide zu tun 
imstande waren, meuchlings angefallen und kaltblütig niedergestochen wur¬ 
den; Frauen und Männer ohne Unterschied. 
Jetzt erst -nachdem wieder jüdisches Blut die Straßen Palästinas 
getränkt hatte- entschloß sich dor High-Commissionar militärische Ver¬ 
stärkungen aus Ägypten heranzuziehen. Die Juden wurden aus den gemischt- 
arabischen Städten evakuiert und flüchteten zu Tausenden in die jüdischen 
Großsiedlungen, um vor Pogromen gesichert zu sein. Das enthüllt er5t d/ 
/yellsten Lichte unsere Situation, daß Juden in dem ihnen vom Völkerbund 
als Heimstätte zugewiesenen Lande wieder flüchten müssen Von " 
einer Stätte zu? anderen. 
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