Volltext: 15. Folge (15. 1935)

Nachrichtenblatt für die jüdische 
BevöIkerungjOrgan des Verbandes d^r 
'Zionisten Revis ionisten, Ortsgruppe Linz 
28, This ehr i 5696. . 151. Folge 
Vor der Entscheidung 
Kur noch wenige Stunden trennen uns von den Wahlen in die Kultusge¬ 
meinde,Mit grosser Genugtuung können wir kons tat ieren,dass der 'Wahlkampf seitens 
der Gruppe der" nationalen und religiösen 'Einheit" mit Würde und sachlichen Argu¬ 
menten,dem Ernste unserer Zeit entsprechend geführt wurde.Mit aber umso grösser¬ 
em Bedauern muss darauf hingewiesen werden?dass die Gruppe der Konservativen u, 
Zionisten"sich absolut keinen und auch nicht den geringsten Zwang auferlegte und 
so in vielen Fällen den Wahlkampf verschärfte. 
Die Hof f nung ,dass sich der Wahlkampf in Würde und Ans t and abspielen 
werde,hat sich deshalb nur einseitig erfüllt und die jüdischen Wähler der Kultus - 
gemeinde werden arstaunt sein zu hören,cia.ss man seitens der Konservativen uno. 
Auchzionis tengruppe" zu den verwerflichsten Mitteln der Wahlwerbung, griff , um 
Stimmen zu fangen »Wir können hier nur die WaUlwürst, ehen die man den Gmundnern 
vorsetzte und gewisse unfass liehe Vorfälle in Bad Ischl und 'Weis erwähnen,deren 
ausführliche Berichterstattung wir uns ersparen.,-wollen,weil wir uns für diese 
Herren" Baibat im" als Juden aufs tiefste schämen.Mit solchen Methoden^ inen .Wahl¬ 
kampf zu führen,lehnen wir abound wir werden geeigneten Ortes auf diese Vorfälle 
zurückkommen, 
Als Höhepunkt von Geschmacklosigkeit kann aber in Gmunden die Auiluhr- 
ung eines "Wahlkabaret.ts." be zeichnet weiden,das aus Verulkungen und Verächtlich¬ 
machung der Gegner bestand und das bei den Gmundner< Juden einen traurigen .sehr 
traurigen Eindruck hinterlassen hat.Dieser"Zynismus"ist bezeichnend für die herr¬ 
schende Mentalität und erinnert an Gehaben und Methoden einer. Zeit,die die damals 
herrschende.Ideologie auch mit "Geringschätzung und Zynismus"über ihren inneren 
Verfall hinwegzukommen versuchte, Und diese Zeit scheinen gewisse Elemente der 
konserva t iven*1 Auchzip.nis ten" bis heute nicht überwunden zu haben. n 
Wer dl? letzten Kultusgemeindemitteilungen und das beigegebene Blätt¬ 
chen" las,konnte sich.des Eindruckes nicht erwehren ,dass . die konservativen "Auch- 
Zionisten" einen Kampf ins Blaue führen^Mein Gott,alles was da dem \ultusgemeinde- 
wähler an aufgebauschten und vollkommen unwahren Zahlen über Keren Tel-Hay u.s.w. 
vorgesetzt wird,sind doch so oft und oft widerlegte" Gerne inplät ze die kein Mensch 
mehr glaubt und. wir können es uns schenken darauf meritorisch einzugehen. 
Eine viel interessantere Seite hat jedoch diese Art des gewaltsam¬ 
politisierten" Wahlkampfes-nämlich, eine psychologische.Man lenkt ^ ab. man lenkt be- 
wusst vom eigentlichen ThematK u 1. t u s g e m e l n dew a h 1 e n abound ver¬ 
liert sich auf abseitige Gebiete J Keinen Wähler interessiert in diesem Wahlkampf 
Keren Kajemeth oder Keren Tel Hay,sondern jeder will etwas^iiber die Kultusge¬ 
meindeverwaltung in Linz hören, und da. waren die Herren aufi a 1 lend, s.cnweigsam.! ! ! 
1 Wenn'man. uns" Spöttelei" über die Konservativen vorwirft,so stellen wir 
fes t ,dass wir niemals auch nur ein Wort des Spottes,geäussert haben,s ondern ledig¬ 
lich klarlegten,wie widersinnig heute von ideologischen Gesichtspunkten aus eine 
Wahlgemeinschaft zweier weltanschaulich scharf entgegengesetzten Gruppe ist.Wir 
freuen uns daher aus den letzten Mitteilungen entnehmen zu können,dass es in Linz 
keine"Unionisten"mehr gibt und die Herren alle zum Zionismus gefunden haben.Aber 
dann ist es uns erst recht wieder unverständlich,warum man dann recht wieder von 
"Konservativen und Zi on is ten" spricht. 
V-1 -1. Quv ohe . 
25.Oktober 1935.
	        
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