Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Hegel in Jena. 
politischen Litteratur das innere Elend der alten Reichsverfassung wohl 
nirgends so treffend geschildert worden als in der eben angeführten Stelle. 
Der leibnizischen Schrift ging der Rheinbund vom Jahre 1658 vor 
aus, der hegelschen folgte der Rheinbund vom Jahre 1806; die hegel- 
sche Charakteristik erinnert uns an die leibnizischen Worte: „Und selbst 
wenn alle diese Schwierigkeiten überwunden werden könnten, so darf 
man sicher sein, daß der Geschäftsgang mit seiner Parade die Dinge 
verschleppen und nichts Hauptsächliches ausrichten werde"? 
Die Lehens- oder Vasallenstaaten des deutschen Mittelalters waren 
im Laufe der Zeit reichsunmittelbare, selbständige Territorien und, 
nachdem der Feudalismus in der Wirklichkeit entschwunden war, zuletzt 
das ganze Reich ein Haufe souveräner Gebiete von verschiedenartigster 
Größe geworden, deren jedes sein Contingent stellen mußte zu dem 
buntscheckigen Dinge, welches man die Reichsarmee nannte. Diese 
Truppencontingente konnten an Zahl, Bewaffnung, militärischer Uebung 
und Schulung nicht ungleichartiger sein. Ein Reichsstand stellte den 
Trommler, ein anderer die Trommel; die Soldaten einer Reichsstadts 
wache, die Leibgarde eines Abts u. s. f. waren Paradesoldaten, aber 
keine Krieger, keine Leute von militärischem Selbstgefühl, welches mit 
der Größe der Armee steigt und fällt. Während sonst eine große, 
kriegsbereite und wohlgeordnete Masse von Soldaten einen erschreckenden 
und furchtbaren Eindruck macht, so wirkt im Gegentheil der Anblick 
der deutschen Reichsarmee erheiternd und ist ein gewohnter Gegenstand 
des Spottes, den sie bei Freund und Feind hervorruft und verdient. 
Dazu kommt, um die Kriegsuntüchtigkeit des Reichs zu vollenden, 
die Unsicherheit der großen Contingente, da die Reichsstände kraft 
ihrer Territorialhoheit das unerhörte Recht haben, Bündnisse sowohl 
unter einander als auch mit auswärtigen Mächten zu schließen, freilich 
mit dem Vorbehalte, insofern solche Bündnisse den Pflichten gegen 
Kaiser und Reich nicht widersprechen, aber wenn sie sogar gegen Kaiser 
und Reich und zum Unheile des letzteren geschlossen werden, so ist 
keine Macht vorhanden, um die Pflichtvergessenen zu strafen und zur 
Erfüllung ihrer Pflichten zu zwingen. „Bei den großen Contingenten 
kann das Reich weder auf ihre gesetzmäßige Stärke zählen, noch daraus, 
daß sie überhaupt gestellt werden, noch daß auch nicht der Stand, der 
auch sein Contingent gestellt hat, mitten im Kriege und in den gefähr- 
* Vgl. dieses Werk. Bd. III. (3. Aufl.) Buch I. Cap. V. S. 79-83. S. 86.
	        
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