Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Hegel und Hölderlin. Uebersiedlung nach Frankfurt. 41 
pilgert mitten im heißen Sommer Südsrankreich, durch die Vendse 
nach Paris und erscheint im Juli 1802 bei den Seinigen in 
Nürtingen, elend, abgerissen, verwahrlost, krank an Seele und Leib. 
In diesem Zustande hat ihn Schelling gesehen und den traurigen 
Anblick in einem Briefe an Hegel geschildert. Still, in sich gekehrt, 
menschenscheu, rettungslos melancholisch, hat der unglückliche Dichter 
noch über vierzig Jahre in der Nacht des Wahnsinns gelebt, in dem 
Hause eines Handwerkers in Tübingen, vom Herbst 1806 bis zu seinem 
Tode am 7. Juni 1843. 
Man hat Hölderlins Person und Schicksale bisweilen mit Tasso ver 
glichen, sie sind dem wirklichen Tasso wohl ähnlicher als dem Goetheschen. 
Das dichterische Abbild seiner elegischen Lebensanschauung und Gemüths 
art ist sein lyrischer Roman „Hyperion oder der Eremit von Griechen 
land", der einst in Tübingen begonnen und in Frankfurt vollendet 
wurde (1793—1798), die ersten Bruchstücke erschienen in Schillers 
neuer Thalia (1794). Hier vereinigen sich die Schwärmerei und Hin 
gebung für Hellas mit der für Diotima, und das Ende dieser Doppel 
liebe ist tragisch. Wenn man die leidenschaftlichen Phantasien und 
Erschütterungen Hyperions in seinen Briefen an Diotima verfolgt, so 
wird man von dem Eindruck einer ungesuchten Aehnlichkeit mit dem 
Goetheschen Werther betroffen. Vielleicht sind Werthers Leiden in 
Wirklichkeit von keinem so erlebt und erlitten worden als von Hölderlin. 
Auch einer seiner Entwürfe der Tragödie „Empedokles" fällt in die 
Mitte der Frankfurter Episode (1797), welche wir hier nur deshalb 
etwas ausführlicher beleuchtet haben, weil der einzige Freund, der sie 
in nächster Nähe miterlebt und miterlitten hat, Hegel war. 
III. Hegel im Hause Gogel. 
1. Stellung. 
Nachdem Hegel im väterlichen Hause einige Zeit zugebracht hatte, 
etwas trüb und in sich gekehrt, wie die Schwester berichtet, so begab 
er sich gegen Anfang des Jahres 1797 nach Frankfurt, um bei dem 
Kaufmann Gogel am Roßmarkt seine Hauslehrerstelle anzutreten. Ueber 
seine häuslichen Verhältnisse in dieser Stellung, seine Zöglinge und 
erzieherische Thätigkeit wissen wir nichts Näheres und können nur aus 
den Studien und Arbeiten während seines vierjährigen Aufenthaltes 
schließen, daß er sich hier behaglicher gefühlt und mehr Muße gehabt 
hat als in dem Hause des berner Patriciers.
	        
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