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Die Lehre vom Begriff.
3. Das Urtheil der Nothwendigkeit.
Die hierher gehörigen Urtheile sind, um mit der kantischen Logik
zu reden, die Urtheile der Relation: das kategorische, das hypo
thetische und das disjunctive. Was in der Sphäre des Begriffs
das Verhältniß seiner Momente, das ist in der Sphäre des Wesens
das nothwendige Verhältniß, und zwar entspricht das Allgemeine dem
Begriffe der Substanz, das Besondere dem der Causalität, das Einzelne
dem der Wechselwirkung; daher das kategorische Urtheil dem Verhältniß
der Substantialität, das hypothetische dem der Causalität, das dis
junctive dem der Wechselwirkung correspondirt.
Das Einzelne wird bestimmt durch seine substantielle Allgemein
heit oder Gattung (E — A): dies geschieht im kategorischen Urtheil;
die Gattung ist der erzeugende Grund ihrer Besonderheiten (wenn A
ist, so ist B): das kategorische Urtheil geht in das hypothetische
über. Die Gattung ist der Inbegriff ihrer Arten, sie ist deren positive
und negative Totalität' (A — sowohl A als B; E = entweder A
oder B); das poetische Kunstwerk vermöge seines Begriffs oder seiner
Gattung ist sowohl lyrisch als episch als dramatisch; das poetische
Kunstwerk in seiner Bestimmtheit ist entweder lyrisch oder episch oder
dramatisch. Die Farbe nach ihrem allgemeinen Begriff ist sowohl
Heller als dunkler Art; die bestimmte Farbe gehört entweder zu den
Hellen oder zu den dunklen. So lautet das disjunctive Urtheil in
seiner positiven und negativen Form. Subject und Prädicat sind
gleich dem Begriff. 1
4. Das Urtheil des Begriffs.
Als solche will Hegel diejenigen Urtheile gefaßt wissen, welche die
gewöhnliche Logik die der Modalität genannt hat: das asser
torische, problematische und apodiktische. Das Prädicat bestimmt,
ob das Subject seinem Begriffe entspricht oder demselben gemäß ist,
d. h. ob es das ist, was es seinem Begriffe nach sein soll. Es handelt
sich hier um Bestimmungen, wie schön, gut, recht, passend u. s. f., und
deren Gegentheile. Die erste und unmittelbare Form dieses Urtheils
ist die einfache Versicherung, daß es sich mit diesem Werke, dieser
Handlung u. s. f. gut oder übel verhalte (das assertorische Urtheils.
Aber ebenso berechtigt ist die Gegenversicherung, daß es sich nicht so
1 Bd. V. C. Das Urtheil der Nothwendigkeit. S. 98—197. Vgl. Bd. VI.
tz 177. S. 340-342.