Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Die Lehre vom Wesen. 
regen den Schein eines Urtheils, den sie sogleich zu Schanden machen, 
sie lassen, indem sie ein Subject setzen, ein Prädicat erwarten und 
bringen nichts zum Vorschein als wieder das Subject selbst. Indem 
aber dieses sogenannte Denkgesetz als ein Satz oder Urtheil auftritt, 
unterscheidet es Subject und Prädicat und enthält also mehr, als 
es enthalten will und zu enthalten meint: nämlich den Unterschied? 
„Es ist von großer Wichtigkeit", sagt Hegel, „sich über die wahre 
Bedeutung der Identität gehörig zu verständigen, wozu dann vor allen 
Dingen gehört, daß dieselbe nicht bloß als abstracte Identität, d. h. 
nicht als Identität mit Ausschließung des Unterschiedes aufgefaßt 
wird: dies ist der Punkt, wodurch sich alle schlechte Philosophie von 
dem unterscheidet, was allein den Namen der Philosophie verdient. Die 
Identität in ihrer Wahrheit, als Idealität alles unmittelbar Seienden, 
ist eine hohe Bestimmung sowohl für unser religiöses Bewußtsein, als 
auch für alles sonstige Denken und Bewußtsein überhaupt." 
II. Der Unterschied. 
Der Unterschied entwickelt sich in dreifacher, mit jedem Schritte 
tiefer eindringender Form: die erste ist der äußere Unterschied, das 
Unterschiedensein, die zweite der innere oder immanente Unterschied, 
welcher darin besteht, daß etwas sich von anderem, welches sein Anderes, 
d. h. sein Gegentheil ist, unterscheidet; die dritte Form ist der Unter 
schied seiner von ihm selbst. Die erste Form des Unterschiedes ist die 
Verschiedenheit, die zweite der Gegensatz, die dritte der Wider 
spruch. Alle drei Formen gehören zusammen und bilden die Glieder 
einer fortschreitenden Reihe, deren gemeinsames Grundthema der Unter 
schied ist. So sind sie auch in der encyklopädischen Logik gefaßt, 
richtiger als in der großen Logik, die in ihrer Gliederung Unterschied 
und Widerspruch von einander getrennt hat. 
1. Die Verschiedenheit. 
Das Denkgesetz der Identität heißt: „Alles ist mit sich identisch", 
das der Verschiedenheit: „Alles ist verschieden, jedes von jedem, es 
giebt nicht zwei Dinge, die vollkommen gleich oder nicht zu unter- 
1 Bd. IV. Cap. II. Die Wesenheiten oder die Reflexionsbestimmungen. 
S. 26—71. A. Die Identität. S. 29—36. Vgl. Bd. VI. A. Das Wesen als 
Grund der Existenz. S. 229—260. a. Die reinen Reflexionsbestimmungen. «.Die 
Identität. § 15. S. 229—232. - 2 Ebendas. Zusatz. S. 281.
	        
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