Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Die Qualität. 
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der Ausprägung dieser Worte, wie das Ansichsein, das Seinfüranderes. 
das Fürsichsein u. s. f. ist, wie Hegel dem Genius der Sprache gemäß 
diese Ausdrucksweisen ergriffen und gebraucht hat. Die Selbstsucht ist 
ausschließend und darum endlich, sie ist gierig, unersättlich, wie das 
Faß der Danaiden, ein äreipov, und darum endlos, aber die Liebe, 
welche die Gemüther vereinigt, so daß eines sich im anderen weiß, 
nur im anderen wahrhaft bei und für sich ist und sich fühlt, ist un 
endlich. 
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß die hellenische Mythologie 
in ihrem Abscheu vor dem Endlosen für die höchsten Frevel keine schreck 
licheren Höllenstrafen zu ersinnen wußte, als die Ertragung des end 
losen Wechsels immer derselben Zustände, wie den Hunger und Durst 
des Tantalus, den Stein des Sisyphus, das Rad des Jxion, das Sieb 
der Danaiden u. s. f. Die christliche Legende hat den ewigen Juden 
und die grauenvollste aller Strafen erfunden: die endlose Existenz auf 
der Erde? 
Die wahre Unendlichkeit ist aufgehobene Endlichkeit, wie die wahre 
Ewigkeit nichts anderes ist als aufgehobene Zeitlichkeit. Da nun das 
Dasein und mit ihm das Endliche gleichgesetzt worden ist der Realität, 
so ist das Unendliche die aufgehobene Realität oder die Idealität. 
Um aber bei dem Worte „ideal" nicht an das Ideal des Schönen und 
was damit zusammenhängt zu denken, wollte Hegel statt „ideal" das 
Wort „ideell" gebraucht wissen. Das Endliche oder Reale sei im 
Unendlichen aufgehoben oder ideell gesetzt. Die Idealität in dem eben 
erklärten Sinn wird der Realität nicht etwa entgegengesetzt oder 
coordinirt, sondern sie ist deren Aufhebung, d. h. in der wahren Er 
kenntniß der Dinge ist das Endliche nicht als das Endgültige, sondern 
als das Nichtige zu betrachten. „Die Wahrheit des Endlichen ist viel 
mehr seine Idealität." „Diese Idealität des Endlichen ist der Haupt 
satz der Philosophie, und jede wahre Philosophie ist deswegen Idea 
lismus. Es kommt allein darauf an, nicht das als das Unendliche 
zu nehmen, was in seiner Bestimmung selbst sogleich zu einem Be 
sonderen und Endlichen gemacht wird. Auf diesen Unterschied ist des- 
1 Meine Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre, 2. Ausl. (1865), 
seit lange vergriffen; ich citire dieselbe, um den Leser wissen zu lassen, daß die 
angeführte Stelle von mir herrührt und zur Erläuterung der hegelschen Logik 
dienen soll. Buch II. Abschn. I. Cap. I. 8 84-87. S. 238-248.
	        
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