Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Hegel als Hauslehrer in Bern. 
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schreibt am 16. April 1795 an Schelling: „Das Verspäten meiner 
Antwort hat theils in mancherlei Geschäften, theils auch in Zerstreuungen 
seinen Grund, welche durch politische Feste, die hier gefeiert wurden, ver 
anlaßt waren. Alle 10 Jahre wird der Conseil souverain und die 
etwa 90 in dieser Zeit abgehenden Glieder ergänzt. Wie menschlich 
es dabei zugeht, wie alle Intriguen an Fürstenhöfen durch Vettern 
und Basen nichts sind gegen die Kombinationen, die hier gemacht 
werden, kann ich dir nicht beschreiben. Der Vater ernennt seinen 
Sohn oder den Tochtermann, der das größte Heirathsgut zubringt, 
und so fort. Um eine aristokratische Verfassung kennen zu lernen, muß 
man einen solchen Winter vor den Ostern, an welchem die Ergänzung 
vorgeht, hier zugebracht haben." 1 
2. Alpenwanderungen. 
Einige Wochen nach diesem merkwürdigen Osterfeste unternahm 
Hegel im Mai 1795 einen Ausflug nach Gens und in der letzten 
Juliwoche des folgenden Jahres, bevor sein Aufenthalt in der Schweiz 
zu Ende ging, in Gesellschaft von drei sächsischen Hofmeistern eine 
Reise größtentheils zu Fuß in die Oberalpen. Die Reise, welche Hegel 
gemacht und in seinem Tagebuche beschrieben hat, war eine der schönsten, 
noch heute beliebtesten Wanderungen in der Centralschweiz. Vor einem 
Jahrhundert gab es noch nicht die Heuschreckenplage des Touristen 
schwarms; freilich fehlten auch die Annehmlichkeiten bequemer Gast 
häuser und Fahrgelegenheiten, die Eisenbahnen, Dampfschiffe und Berg 
bahnen; die Wanderungen waren mühselig, erschöpfend und, wenn man, 
wie Hegel, am Ende mit wunden Füßen laufen mußte, recht peinlich 
und schmerzhaft? 
Der Weg ging von Bern nach Thun, über den Thuner See nach 
Jnterlaken („Hinterlakken"), nach Lauterbrunn und über die Wengern 
alp nach Grindelwald und dem großen Grindelwaldgletscher, über die 
Scheidegg nach den Reichenbachfüllen und Meiringen, dann in das 
Haslithal bis zu den Quellen der Aar und den letzten bernischen Ort 
schaften, nach dem Rhonegletscher und über die Grimsel und Furka in 
das Gebiet des St. Gotthard und der Reuß, nach Andermatt, durch 
das Urner Loch, über die Teufelsbrücke nach Amsteg und Flüelen, über 
den Vierwaldstädter See nach Brunnen. Gersau, Weggis, Luzern und 
von hier zurück nach Bern. 
1 Briefe von und an Hegel. I. S. 14. — 2 Rosenkranz: Urkunden. IV. 
S. 470-490.
	        
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