Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Der sich entfremdete und der seiner selbst gewisse Geist. 391 
Vernunft, alle Wahrheit zu sein, sondern sie weiß, daß sie dies ist." 
„Diese reine Einsicht ist also der Geist, der allem Bewußtsein zuruft: 
seid für euch selbst, was ihr alle an euch selbst seid, — ver 
nünftig." 1 
% 5. Die Aufklärung. 
Die Einsicht ist zwar die Folge und Frucht des Glaubens und 
der ihm inwohnenden Gedanken, aber sie muß als Einsicht dem 
Zustande des glaubenden Bewußtseins entgegentreten, dieses als ihr 
Gegentheil, als falsche Einsicht, als Irrthum und Vorurtheil, d. h. 
als Aberglauben auffassen und als solchen bekämpfen: in dieser ihrer 
Entgegensetzung und Verbreitung wird die reine Einsicht zur Auf 
klärung. Es ist die Frage, welcher Art der Kampf der Aufklärung 
mit dem Aberglauben ist, und worin ihre Wahrheit besteht 
1. In der ersten Form geht die Aufklärung Hand in Hand mit 
jenem zerreißenden und zerrissenen Bewußtsein, welches die herrschenden 
Zustände der Wirklichkeit, darunter auch die Glaubenszustände geistreich 
und witzig, ätzend und auflösend beurtheilt und beredet, auf welchem 
Wege sich die Aufklärung gleich einem penetranten Dufte unmerklich 
ausbreitet und das glaubende Bewußtsein ansteckt. So hat die Auf 
klärung gar nicht nöthig, als eine besondere Einsicht über die Welt 
der Bildung aufzutreten; „diese hat vielmehr selbst das schmerzlichste 
Gefühl und die wahrste Einsicht über sich selbst, das Gefühl, die Auf 
lösung alles sich Befestigenden, durch alle Momente ihres Daseins 
hindurch gerädert und an allen Knochen zerschlagen zu sein; ebenso ist 
sie die Sprache dieses Gefühls und die beurtheilende geistreiche Rede 
über alle Seiten ihres Zustandes". 3 Der Duft der Aufklärung, überall 
eindringend, wirkt so allmählich, daß die Ansteckung erst gemerkt wird, 
nachdem sie geschehen ist, wie Rameau's Neffe diesen Uebergang vom 
Glauben zum Unglauben, der dem Götzen den Hals bricht, schildert: 
«An einem schönen Morgen giebt sie mit dem Ellbogen dem 
Kameraden einen Schubb und Bautz! Baradautz! der Götze liegt am 
Boden». „An einem schönen Morgen, dessen Mittag nicht blutig 
ist, wenn die Ansteckung alle Organe des geistigen Lebens durchdrungen 
hat; nur das Gedächtniß bewahrt dann noch als eine, man weiß nicht 
- Ebendas. S. 388. S. 391-393. — 2 Ebendas. II. Die Aufklärung. S. 398 
bis 426. a. Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben. S. 395—419. 
b. Die Wahrheit der Aufklärung. S. 419—426. — 3 Ebendas. S. 393.
	        
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