Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Hegel als Hauslehrer in Bern. 
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es sich so glücklich trifft, daß der junge Gelehrte in größeren und 
interessanten Städten, in angesehenen Häusern und Familien als Haus 
lehrer leben und wirken kann, so übt seine Stellung und Thätigkeit 
rückwirkend auch erziehende Einflüsse auf ihn selbst aus, und eine solche 
Hauslehrerzeit bildet in seinem Entwicklungsgänge recht eigentlich die 
Periode der Wanderjahre. Nun hat es sich für Hegel so glücklich ge 
fügt, daß er in zwei historisch lehrreichen und regierenden Städten, in 
angesehenen Häusern seine Hauslehrerzeit zugebracht hat, Erziehung 
ausübend und empfangend. Die erste Stadt war Bern, die zweite 
Frankfurt am Main. 
Freilich haben diese Wanderjahre mit ihrem Zeitraum von vollen 
sieben Jahren etwas zu lange gedauert für das Ziel, welches erstrebt 
wurde. Als er den Anfang desselben erreicht hatte und sich an seinem 
Geburtstage 1801 in Jena habilitirte, war er einunddreißig alt, 
während sein so viel jüngerer Freund Schelling schon mit dreiund 
zwanzig Jahren Professor geworden war. 
2. Aufenthalt in Stuttgart. Stäudlin und Hölderlin. 
Im Herbst 1793 war Hegel von Tübingen in seine Vaterstadt 
zurückgekehrt, um sich hier einige Zeit zu erholen und seine von wieder 
holten Fieberanfällen angegriffene Gesundheit herzustellen. Der Vater, 
altwürttembergischer Bureaukrat, conservativ und herzoglich gesinnt, 
war den revolutionären Ansichten gründlich abgeneigt, welche der Sohn 
von Tübingen mitbrachte, und es haben damals, wo in Frankreich der 
Convent herrschte, zwischen beiden politische Streitigkeiten oft genug 
stattgefunden, ohne übrigens der wechselseitigen Liebe Eintrag zu thun. 
Während dieses seines vorübergehenden Aufenthaltes in Stuttgart 
hat sich Hegel mit Stäudlin befreundet und häufige Spaziergänge mit 
ihm nach Cannstatt gemacht, welche der letztere sehr anregend gefunden 
und in guter Erinnerung behalten hat. Dieser neue Freund war 
nicht, wie Rosenkranz erzählt, ein junger Rechtsgelehrter, sondern 
der als Litterat und Dichter bekannte Gotthold Friedrich Stäudlin, 
schon fünfunddreißig alt, der Herausgeber des ersten schwäbischen Musen 
almanachs (1781), damals der erbitterte, wohl auch neidische Feind 
Schillers, welcher im Gegensatze zu jenem seine „Anthologie auf das 
Jahr 1782" erscheinen ließ. Später entstand eine begeisterte Freund 
schaft zwischen Stäudlin und dem zwölf Jahre jüngeren Hölderlin, 
der eines seiner schönsten Gedichte an ihn gerichtet hat, das seine ganze'
	        
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