Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Das Vernunftbewußtsein. 
Die Selbsttäuschung, die es gefangen nimmt und von seiner dualistischen 
Anschauungsweise herrührt, liegt in der falschen und verkehrten Schätzung 
jenes ärmlichen und werthlosen Thuns, das in lauter einzelnen, äußer 
lichen Verzichtleistungen und Aufopferungen besteht, lauter Schein 
opfern, da sie doch im Grunde das Wohl und den Vortheil des lieben 
Ichs mit seinem diesseitigen Getriebe zum Zweck haben/ 
Um alle diese partiellen und fruchtlosen Resignationen einmal für 
immer los zu werden, muß diese ihre Wurzel, das einzelne Subject, 
die beschränkte Individualität, das liebe Ich mit seinem diesseitigen 
Getriebe aufgeopfert werden. Damit ist der Dualismus zwischen 
Jenseits und Diesseits, auf dem das ganze unglückliche Bewußtsein 
ruht, entwurzelt, und statt seiner erhebt sich im Bewußtsein die Einheit 
der jenseitigen und diesseitigen Welt, die Einheit des Selbstbewußtseins 
und der Wirklichkeit, des Subjectiven und Objectiven. Diese Einheit 
ist die Vernunft, mit deren Anerkennung und Gewißheit der Ent 
wicklungsgang des Bewußtseins zu seiner dritten Hauptstufe gelangt/ 
Achtes Capitel. 
Das Vernunstbewußtfein. A. Die beobachtende Vernunft. 
I. Thema und Aufgabe. 
Da die Vernunft das innerste Wesen des Selbstbewußtseins und 
der gegenständlichen Wirklichkeit, sowohl des subjectiven als des objectiven 
Seins, ausmacht, so ist sie die Quelle aller Gewißheit und Wahrheit, 
daher Hegel das Thema dieser dritten Hauptstufe des Bewußtseins 
als „Gewißheit und Wahrheit der Vernunft" bezeichnet hat/ Das 
Thema enthält die zu lösende Aufgabe. Daß die Vernunft alle Realität 
ist: diese Gewißheit soll zur Wahrheit erhoben werden und als solche 
dem Bewußtsein einleuchten; sie soll, um in der typischen Formel zu 
reden, im Bewußtsein nicht bloß au sich gelten, sondern für es sein. 
Dazu gehört nun 1.. daß die Vernunft in der objectiven Welt 
gefunden wird, nicht zufällig, sondern sie wird gesucht und gefunden, 
1 Phänomenologie. Werke. II. S. 166 u. 167. — 2 Ebendas. S. 167 u. 
168. Vgl. S. 154. — 3 Ebendas. 0. (AA.) Vernunft. S. 169—816. V. Ge 
wißheit und Wahrheit der Vernunft. S. 169—176.
	        
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