Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Die Idee der Weltentwicklung. 
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Stufen der Geist im menschlichen Genie und durch dasselbe die Natur 
als Kunstwerk hervorbringt? 
3. Schilling und Spinoza. 
Indessen sind in der Lehre Schellings jene beiden Reihen (Natur 
und Geist) einander keineswegs parallel oder coordinirt, wie in der Lehre 
Spinozas. Die Vergleichung hinkt nicht bloß, sondern ist falsch und 
verdirbt das Verständniß der Jdentitätsphilosophie. Jene Combination 
wird bedingt und gefordert durch den cartesianischen Dualismus von 
Denken und Ausdehnung, welcher die Lehre Spinozas noch beherrscht, 
aber von Leibniz durch den Begriff der Monade überwunden worden 
ist und seitdem keine andere Bedeutung mehr haben kann als eine rück 
fällige. Schelling, der so gern der Spinoza seines Zeitalters heißen 
wollte, hat jener falschen Vergleichung das Wort geredet; dasselbe hat 
auch Hegel gethan in dem Zeitpunkte, von dem wir reden? 
Um die Sache klar zu stellen, so verhalten sich in dem Jdentitäts- 
shstem jene beiden Reihen selbst als Potenzen: von der reellen Reihe 
wird fortgeschritten zur ideellen. Das Weltall bildet eine Stufenreihe, 
die von dem Minimum der Subjectivität (Maximum der Objectivität) 
als der niedrigsten Stufe emporsteigt zu dem Maximum der Subjectivität 
(Minimum der Objectivität) als zu der höchsten: von der bewußt 
losesten Materie bis zu der im klarsten Bewußtsein leuchtenden Wahr 
heit und Schönheit. So erscheint die Weltentwicklung im Lichte der 
Jdentitätslehre als die fortschreitende Steigerung der Subjectivität. 
1 Vgl. über die Lehre Schellings dieses Werk (frühere Ausgabe). Bd. VI. 
(Jubil.-Ausg.) Bd. VII. Buch II. Erster Abschn. Cap.I-IV. S. 281-307. Zweiter 
Abschn. Cap. VI-VII. S. 315-332. Dritter Abschn. Cap. XXVIII-XXXII. 
S. 491 —565. — ^ Gleich indem ersten Stücke des kritischen Journals findet sich: „Ueber 
das absolute Jdentitätssystem und sein Verhältniß zu dem neuesten (Reinholdischen) 
Dualismus. Ein Gespräch zwischen dem Verfasser und einem Freunde" (S. 1—90). 
Der Verfasser sowohl des in Rede stehenden Systems als auch dieses Gesprächs 
ist Schelling, der Freund ist Hegel. „Ich glaube", sagt der Freund, „nun deutlich 
zu sehen, daß der Gegensatz von Naturphilosophie und Transscendentalphilosophie 
bei Ihnen keinen anderen Sinn haben kann, als es hat, wenn Spinoza das erste 
Buch seiner Ethik äs natura, von der Allheit, das zweite de mente oder vom 
Ich überschrieben hat." Der Verfasser antwortet: „Keinen anderen" (S. 14). 
Aber das erste Buch der Ethik handelt nicht «äs natura», sondern de Deo, und 
das zweite handelt «de mente», nicht als vom Ich, sondern als von einem Modus 
des Denkens. 
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