Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Hegels Wirksamkeit in Berlin. 
vollsten Wirksamkeit nicht ohne sein Einverständniß erfolgt sein. Welche 
Rolle Hegel bei diesen sonderbaren Vorgängen gespielt hat, darüber ist 
bisher aus urkundlichen Zeugnissen nichts bekannt. Rosenkranz sagt nichts 
von der Sache, Hahm ebensowenig, doch schreibt Joh. Ed. Erdmann, der 
treue Schüler und Verehrer Hegels, in seinem Grundriß, daß Hegels 
Andenken durch sein Verhalten gegen Beneke befleckt worden sei, er hat 
dieses schlimme Wort niedergeschrieben ohne jede nähere, geschweige 
urkundliche Begründung, er hat in seinem früheren ausführlichen Werke 
nichts von der Sache gesagt. 1 In den Briefen von und an Hegel 
kommt der Name Beneke nicht vor. Es heißt, daß seine „Grund 
legung zur Physik der Sitten" (1822) Bedenken gegen seine Sittenlehre 
erregt habe, als ob sie zum Epikureismus, also Atheismus führe u. s. f. 
Was hat man in jenen Zeiten, wo der rachgierige Schatten Kotzebues 
in Berlin umging, nicht alles gesagt und verdächtigt! Der Staats 
rath Schultz war als der Regierungsbevollmächtigte der Universität 
aus einem harmlosen Mann ein wüthender Demagogenverfolger ge 
worden; Schmalz, der erste vom König ernannte Rector der Universität 
Berlin, Ordinarius der Juristenfacultät, hatte sogar den „Tugendbund" 
demagogischer Tendenzen verdächtigt, der König selbst hatte befohlen, 
daß Vorlesungen über Okens Naturphilosophie, welche ein gewisser 
Dr. Fenner für Damen halten wollte (gewiß ein höchst ungereimtes 
Unternehmen) zu verbieten seien, worüber sich Hegel im Sommer 1821 
brieflich gegen Creuzer aussprach: „Der König hat vor einigen Wochen, 
als ein fremder Dr. Fenner — ein Tropf — den unsere Facultät 
abgewiesen hatte, Vorlesungen für Damen über Okens Naturphilo 
sophie halten wollte, — dies inhibirt und den Minister verantwort 
lich gemacht, daß diese Naturphilosophie und andere ähnliche Philo 
sophie, die auf Atheismus führe, auf seinen Universitäten nicht gelehrt 
werde". „Ich sagte zu unserem Negierungsbevollmächtigten darüber: 
es lasse sich alle speculative Philosophie über die Religion auf den 
Atheismus führen; es kommt nur darauf an, wer sie führt, — die 
eigenthümliche Frömmigkeit unserer Zeit und der üble Wille der 
Demagogen, bei denen bekanntlich die Frömmigkeit hoch blüht, wird 
leicht für solche Führer sorgen und das fast vergessene Schlagwort: 
Atheismus wieder in Aufnahme bringen"? 
* Joh. Ed. Erdmann: Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der neuen 
Philosophie. Bd. III. 2. Abth. (1853.) § 46. S. 686-709. Grundriß der Gefch. 
d. Philosophie. (1870.) Bd. II. § 334. S. 633. - - Briefe von und an Hegel. 
II. S. 53 u. 54.
	        
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