Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

114 Hegel als Professor der Philosophie in Heidelberg, 
8. Auch in der vom Könige nach modernem Schema verliehenen 
Verfassung fanden sich Vorschriften und Bestimmungen, mit welchen 
Hegel keineswegs übereinstimmte, wie namentlich die Art der Be 
dingungen, worauf die Wählbarkeit beruhte. Alter und Vermögen 
sind Beschaffenheiten, die das einzelne Subject für sich hat, unabhängig 
von seinen Beziehungen im und zum Staate, unabhängig von seiner 
Bedeutung in der Gliederung und im Dienste des Ganzen. Eine 
solche Bedeutung giebt ein Amt, die angesehene Stellung in einer 
Corporation, eine Gewerbegeschicklichkeit, eine Meisterschaft, ein Talent 
u. s. f. Wenn jemand ein Amt hat, so ist er in den Augen der Leute 
etwas; wenn er dagegen nichts weiter hat, als eine Anzahl Jahre 
und eine Anzahl Gulden, so ist er in den Augen der Welt nichts 
und sollte auch nichts repräsentiren. Hegel verwirft diese atomistische 
Staatsanschauung als eine „französische Abstraction", welche zu ver 
lassen sei. „Bestimmungen solcher Art, welche das Volk statt als 
einen Staat vielmehr als einen Haufen voraussetzen und diesen nun 
nach Anzahl in besondere Haufen und nach Alter und einer einzelnen 
Vermögensbestimmung in zwei Classen überhaupt abtheilen, können 
eigentlich nicht Staatseinrichtungen genannt werden. Sie reichen 
nicht hin, dem Antheil des Volkes an den allgemeinen Angelegenheiten 
seine demokratische Unförmlichkeit zu nehmen und näher den Zweck, 
künftige Deputirte für die Landesversammlung zu erhalten, dem Zu 
fall zu entziehen. 1,1 
9. Daher hat Hegel es auch getadelt, daß nach der königlichen 
Verfassung Staatsbeamte, Geistliche, Aerzte u. s. f. von der Wählbar 
keit zu Deputirten ausgeschlossen sein sollten, keineswegs aber die 
Advocaten, in denen doch der Geist des Privatrechts herrscht, und der 
Staatssinn, d. h. der Sinn für den Staat fehlt. Es hat viel zu 
der Entzündung und der Hartnäckigkeit des ausgebrochenen Verfassungs 
streites beigetragen, daß dieser streit- und eigensüchtige „Advocaten- 
geist" in der Versammlung der Württembergischen Landstände ein 
heimisch war. 
Ob die Ausschließung der fürstlichen Amtsdiener oder der königlichen 
Beamten von den Landständen gerecht und vernünftig ist, hängt von 
den gegebenen Zeitverhältnissen, d. h. von dem geschichtlichen Zustande 
des Volks ab. Früher war eine solche Ausschließung vernünftig, jetzt 
Briefe. II. S. 240-244.
	        
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