Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Hegel als Professor der Philosophie in Heidelberg. 109 
lung der Landstände des Königreichs Württemberg in den Jahren 
1815 nnd 1816. Abtheilung I-XXXIII". 1 
Nach dem Ausbruch des Verfassungsstreites hatte K. A. Freiherr 
von Wangenheim, seit 1806 im Dienste des Königs Friedrich I. und 
in hohen Württembergischen Staatsämtern, eine Schrift veröffentlicht: 
„Die Idee der Staatsverfassung in Anwendung auf Württembergs 
alte Landesverfassung und der Entwurf zu deren Erneuerung" (1815). 
Hier ist nun der Punkt, wo Paulus' und Hegels Wege sich für 
immer getrennt haben und ihre bisher bestandene Freundschaft zu Ende 
ging, ohne in eine solche offene nnd gehässige Feindschaft auszuarten, 
wie sie zwischen Paulus und Schelling schon in Würzburg entstanden 
war und bis in ihre spätesten Tage fortgedauert hat. Paulus schrieb für 
die Sache der Württembergischen Landstände, Hegel dawider, beide 
waren in Beziehung auf den Württembergischen Verfassungsstreit die 
ausgemachtesten Gegner. Paulus hatte eine „Philosophische Beurtheilung" 
der eben erwähnten Wangenheimschen „Idee der Staatsverfassung" 
u. s. w. veröffentlicht, worüber Hegel an Niethammer schrieb: „Sein 
■Wangenheimium exenteratum ist, quoad personam, hämisch und 
quoad rem höchst philisterhaft und gemeinen Menschen Verstandes mäßig" 
u. s. f. „Er ist der Gott der Landstände."^ Nicht bloß publicistisch, 
sondern auch persönlich agitirend hat sich Paulus in die Verfassungs- 
Händel seines Heimathlandes dergestalt eingemischt, daß König Wil 
helm I. ihn aus Württemberg ausweisen ließ, als er unter dem 
Schein einer Ferienreise, um seinen kranken Sohn in Stuttgart zu 
besuchen, im Juli 1819 nach Ludwigsburg kam, wo die Landesver 
sammlung tagte und die versöhnende Ausgleichung bevorstand. 
Hegels Beurtheilung des Württembergischen Verfassungsstreites ist 
eine historisch-philosophische Schrift, so durchdrungen von dem Geist 
seiner Lehre, daß man deren ethischen Charakter und geschichtsphilo 
sophische Denkart sehr gut daraus erkennt; sie ist zugleich so einleuchtend, 
bündig und mit einer so hellen Leichtigkeit geschrieben, daß man in 
diesem Publicisten mit Verwunderung den Verfasser der Phänomeno 
logie, der Logik und der Encyklopädie wiederfindet. Das Thema lag 
ihm seit lange völlig im Griff. Und es war für den Verfasser der 
1 Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur. 1817. Nr. 66—68, 73—77. 
Vermischte Schriften. Bd. I. (Werke. Bd. XVI. S. 219-361.)— - Briefe. II. 
S. 6. (Br. vom 19. April 1817.)
	        
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