Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

106 Hegel als Professor der Philosophie in Heidelberg. 
Vorwürfe gemacht, daß derselbe allen Dualismus, alle Endlichkeit und 
Zeitlichkeit in dem Wesen Gottes als der einen unendlichen Substanz 
habe aufheben wollen, als ob Spinoza diese Aufhebung hätte ver 
meiden können und sollen, als ob sie nicht gerade das Thema und der 
Zweck seiner ganzen Lehre gewesen wäre. Dieser Tadel erschien in 
den Augen Hegels so ungereimt, daß er ihn lächerlich machte und 
Jakobi mit einer alten Reichsstadtwache verglich, welche dem Feinde, 
als er anrückte, zurief: er möge um Gotteswillen nicht schießen, es 
könnte sonst ein Unglück geben? 
Als nun Hegel so viele Jahre später seine beiden Aufsätze in die 
Heidelbergischen Jahrbücher schrieb, hatten sich inzwischen seine Verhält 
nisse sowohl zu Jakobi als auch zu Schelling sehr geändert, nicht bloß 
die philosophischen, auch die persönlichen Beziehungen. Zwischen Jakobi 
und Schelling. die in München als Akademiker lebten, einander un 
sympathisch und abgewendet, war eine litterarische Todfeindschaft aus 
gebrochen, nachdem Jakobi seine Schrift „Von den göttlichen Dingen 
und ihrer Offenbarung" (1811) und Schelling alsbald seine Gegen 
schrift „Denkmal der Schrift von den göttlichen Dingen u. s. f. des 
Herrn Friedrich Heinrich Jakobi" (1812) veröffentlicht hatte? Zwischen 
Schelling und Hegel lag die Phänomenologie und die Logik, d. h. die 
hegelsche Philosophie, für Schelling ein unüberwindlicher Stein des 
Anstoßes und des Aergernisses. Nun hatte Hegel durch Niethammer 
den Jakobi persönlich kennen gelernt und liebgewonnen, er hatte in dieser 
Persönlichkeit auch den Philosophen und Schriftsteller wiederzuer 
kennen, ja selbst zwischen der Lehre Jakobis und seiner eigenen wesent 
liche Uebereinstimmungen aufzufinden gewußt, ohne die Differenz aus 
den Augen zu lassen. Von diesem Hauche der Verehrung und Liebe 
sind seine Aufsätze in den Heidelberger Jahrbüchern bewegt. Ihre 
Uebereinstimmung liegt darin, daß nach beiden Philosophen das Abso 
lute zu fassen ist als Geist, Freiheit, Selbstbewußtsein, während ihre 
Differenz darin liegt, daß nach Jakobi die Erfassung des Absoluten im 
unmittelbarem Wissen, d. h. im Gefühl und Glauben besteht, Hegel 
dagegen in der vermittelten und vermittelnden, d. h. methodischen 
Erkenntniß den Charakter und das Gewicht seines Systems entfaltet. 
„Jakobi hatte diesen Uebergang von der absoluten Substanz zum ab- 
1 Hegels philosophische Abhandlungen. I. (Werke. Bd. I. S. 52—115. S. 62.) 
- - Vgl. dieses Werk. Bd. VI. (2. Aufl.) Buch I. Cap. XI. S. 156-161. 
Buch II. Abschn. IV. Cap. XXXIX. S. 668-686.
	        
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