Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

86 Hegels publicistische und pädagogische Wirksamkeit im Königreich Bayern. 
Philosoph zu sein. Bei solchen iniellectuellen Unruhen und Qualen 
mochte er wohl zweifeln, ob er für ein reines Lebensglück geschaffen 
sei, noch dazu für das Doppelglück des ehelichen Lebens. 
Von den schlimmen und bösen Affecten, diesen Gewalthabern der 
menschlichen Natur und Verderbern des menschlichen Glücks, war Hegel 
ganz frei; es regte sich in ihm nichts von Mißgunst und Neid, nichts 
von Hochmuth und Ehrgeiz, nichts von Eitelkeit, Dünkel und Falsch 
heit. Um so unverblendeter, ohne alle Bitterkeit, stets mit einem An 
fluge von Scherz und Humor vermochte er das Getriebe der mensch 
lichen Dinge und Handlungen im Großen und im Kleinen zu 
beurtheilen. Dieser Hegel, grundgescheidt und grundehrlich, lebensklug 
und zugleich ganz natürlich, einfach und unverstellt in seiner schwäbischen 
Art und Sprechweise, hochgesinnt und gesellig heiter und leichtlebig, 
trotz einer gewissen grämlichen Art, die ihm von jeher anhaftete, 
war wirklich eine sehr liebenswürdige und interessante Persönlichkeit, 
wenn man den Sinn hatte, ihn zu würdigen, und die Fühlung für 
den Kern seines tief gegründeten Wesens. 
2. Maria von Tücher. 
Die Bedeutung, ich möchte sagen den Zauber dieses Mannes hatte 
Maria von Tücher empfunden, die Tochter eines berühmten, frei 
herrlichen Geschlechts der alten Reichsstadt Nürnberg. Ihr Vater, 
I. W. Carl Freiherr Tücher von Simmelsdorf, war Senator der 
Reichsstadt gewesen, ihre Mutter Susanne, geb. Freiin Haller von Haller 
stein, war die Tochter des Reichsschultheißen, der ersten obrigkeitlichen 
Person von Nürnberg, sie selbst, geb. den 17. März 1791, die älteste 
von sieben Geschwistern. 
Wir kennen nicht die Vorgeschichte ihrer Verlobung, die nach 
längerem geselligen Verkehr im April 1811 stattgefunden hat und von 
Hegel mit jubelnder Seele in Gedichten gefeiert wurde, die uns mehr 
durch die Tiefe ihrer Empfindung als durch die Glätte und den Wohl 
klang ihrer Verse anmnthen. 1 
In den vertraulichen Aussprechungen der Verlobten sind auch in 
der Seele der Braut mitunter Zweifel an der Sicherheit ihres wechsel 
seitigen Glücks erregt worden. Es hatte ihr weh gethan, in dem Briefe, 
welchen sie an Hegels Schwester geschrieben hatte, folgende von seiner Hand 
1 Rosenkranz theilt die beiden Gedichte vom 13. und 17. April 1811 mit 
und läßt die Verlobung in der Zwischenzeit geschehen sein. (S. 260—262.)
	        
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