Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

Bald gelang cs, eine gute Lagerordnung herzustellen, für Lagerhggiene durch Arzte und 
Sanitätspersonal zu sorgen, die Verpflegung, wie überhaupt die ganze Versorgung in eigene Hände 
zu bekommen, so daß sich in den nächsten Lagen schon alles in guter Ordnung abwickelte. Am 
8. November erhielten endlich auch je sechs Mann vier Zeltblätter. Nur so war es möglich, 
den Krankenstand bald auf 20—30 Mann täglich herabzudrücken und das Ausbrechen von Epi¬ 
demien und Hungerödemzu verhindern. 
Me Offiziere waren tagsüber viel bei ihrer braven Mannschaft. Am 11. November hörten 
die Gefangenen zum ersten Male vom Abschluß des Waffenstillstandes zwischen der Entente und 
Deutschland. Nun wurden aus l000 ungarischen Soldaten und den ca. 600 Kaiserjägern und 
KaiserschUtzen sechs Arbeiterkompagnien zu rund je 250 Mann unter dem Kommando längerdienen- 
der Unteroffiziere formiert. Alte österreichisch-ungarische Fahrküchen wurden für die Mannschaft 
zur Verfügung gestellt und am 14. November erfolgte die erste Fassung von frischem Fleisch, Reis, 
Fett, Kaffee und frischem Brot, worüber die braven Leute selig waren. Vom gleichen Lage an 
wurde auch im Lager durch den Kaiserschützen-Zeldkuraten Kapuzinerpater Eajus Perathoner 
Gottesdienst abgehalten. 
Als Anerkennung und in Ehrung der soldatischen Verdienste wurde Hptm. Eeuber mit einigen 
Offizieren wiederholt feierlichst in die Offiziersmesse des Obstlt. Eontrada und des Mjr. Grimaldi 
eingeladen und mit größter Achtung und Ritterlichkeit behandelt. 
Am 13. November wurden aus einem vorbeimarschierenden, 10.000 Mann starken Gefan¬ 
genentransport zirka 30 Mann des Kaiferjäger-Sturmbataillons herausgeholt, darunter die Ober¬ 
jäger Liebig, Grasmück, Böhm, die Zgsf. Felbermeier, Knote, Zumpfe u. a. 
Am Morgen des 10. November kam der Abmarschbefehl für das ganze Lager. Um 2 Uhr 
nachmittags fand die Verabschiedung des Offizierskorps vom Obfllt. Eontrada statt, wobei er 
eine schöne Ansprache hielt, in der er den Offizieren für die Kameradschafisarbeit im Interesse 
ihrer Mannschaft dankte. Mit Handschlag schieden die Offiziere von diesem ritterlichen ehemaligen 
Gegner. Nunmehr erfolgte der Marsch ohne Eskorte mit nur einem italienischen Begleitoffizier 
nach Pilcante an der Etsch. „Ein Friedensmarsch, wobei wir unsere all-österreichischen Marsch¬ 
lieder sangen. Es scheint ja die Sonne und wir haben die Hoffnung im Herzen, doch noch sehr 
bald heimkehren zu können!" schreibt Hptm. Eeuber in sein Tagebuch. Bei Pilcante angekommen, 
wurde der Mannschaft am Etschufer ein guter Lagerplatz angewiesen und die Offiziere in einer 
Drei-Zimmer-KUchen-Wohnung untergebracht. Der Lagerkommandant, Eapitano Legnani, sorgte 
für Offizier und Mann in mustergültiger Weise. Das Mannschaftslager mit Hauptwache hätte 
jedem Friedensmanöverlager Ehre gemacht, so ordentlich war es. 
Und dann kam ein schwerer und unvergeßlicher Tag! Am Morgen des 22. November langte 
der Abmarschbefehl ein. „Es gilt Abschied zu nehmen", so schreibt Hptm. Eeuber m seinem Tage¬ 
buch weiter, „von unserer braven Mannschaft, vom Kaiserjäger-Sturmbataillon. Um 1 Uhr nach¬ 
mittags ist das Bataillon unter Kommando der dienftfUhrenden Unteroffiziere — wie auf dem 
Exerzierplätze — gestellt. Es ist das letzte Mal, daß ich vor dem Reste meines schönen, stolzen und 
tapferen Kaiserjäger-Sturmbataillons stehe und zu meinen Leuten spreche. Mir ist furchtbar 
schwer ums Herz. <3ct> nehme mit Handschlag von jedem Einzelnen mit Eränen in den Augen 
Abschied und wir versprechen uns, auch in Zukunft treue Kameradschaft zu halten. Wo und wie 
werde ich meine braven Zäger Wiedersehen?... Das einzige, was ich jetzt noch für meine Kaiser- 
jägerstürmer tun konnte, erreichte ich bei Eenente Eolonello Eontrada durch die Zusicherung, daß 
er als Dank für unsere Mitarbeit an der Fürsorge für die Kriegsgefangenen das Verbleiben 
unserer Leute als Arbeiterkompagnien im gesunden SUdtirol erwirken werde. Und dieser ritter¬ 
liche Offizier hielt auch fein Wort. Unsere Leute marschierten nach Norden und wurden zu Auf- 
räumungsarbeiten im Raume Rovereto—Erient—Lavis—Levico verwendet." 
Nach einem unerfreulichem Aufenthalt in Bo Siniftro vom 22. November bis 4. Dezember 
landeten die Sturmoffiziere im Fort Broccolo der Festung Verona. „Plötzlich sehen wir", schreibt 
Hptm. Eeuber, „auf dem Wallgraben des Forts den Kommandanten des III. Korps, General¬ 
oberst v. Marting, unseren „Kaiserjägervater", den Kommandanten des XIV. Edelweißkorps, 
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