Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

Kriegsgefangenjchaft. Heimkehr. Kameradschaft bis zum heutigen Lag') 
ön den Morgenstunden des 4. November sammelte Hptm. Teuber mit den sechzehn Offizieren 
des Kaiserjäger-Sturmbataillons in Rovereto die Mannschaft seines Bataillons. Nur ein kleiner 
Teil hatte sich in der Hoffnung, entfliehen zu können, verlaufen. Hptm. Tender hielt an die 
Mannschaft eine kurze Ansprache, worin er sie aufforderte, weiter — wie bisher — gute Kame¬ 
radschaft und strenge Disziplin zu halten, dann liehe sich auch Schwerstes gemeinsam überwinden. 
Das Kaiserjäger-Sturmbataillon lagerte in guter Ordnung. 2n der Stadt wurde von italienischen 
Soldaten, Kriegsgefangenen und Zivilpersonen geplündert; dadurch bekam aber auch die Mann¬ 
schaft des Kaiserjäger-Sturmbataillons Mehl, Speck, Zucker, Kaffee, Konserven, Mineralwasser, 
Tabak, Zigaretten u. a. m. Frisch gebildete „slawische Abteilungen" marschierten johlend durch 
Rovereto. 
. Am Nachmittage marschierten die Offiziere des Kaiserjäger-Sturmbataillons nach L. Mar¬ 
garita, wo sie nach Z0 Stunden die erste Verpflegung erhielten: pro Offizier eine halbe Zleisch- 
konferve und ein Stück Zwieback. Alle Waffen, Feldstecher, Photoapparate ufw. muhten abge¬ 
geben werden. 
Nach einer sehr kalten, ungeschützt unter freiem Himmel auf der Straße verbrachten Nacht, 
erhielten die Offiziere etwas Stroh als Unterlage. Auch die brave Mannschaft kam anmarschiert 
und lagerte auf der anderen Straßenseite in den Weingärten. Nun konnten die Offiziere wieder 
ihre Offiziersdiener herausholen. 6n der ganz zusammengeschossenen Ortskirche war eine Offi¬ 
ziersunterkunft, in der sich Hptm. Frech. v. Segffertitz, Hptm.-Rechnungsführer Schurek des 
4. Regiments, Oblt. Steinmager des 1. und die Oberleutnants Zofef Runge, Nippel und Kla- 
bufchnig des 3. Regiments, sowie sonstige Offiziere befanden. Auch Mjr. Zahl, Hptm. Lonzatti 
und einige andere Kaiserjägeroffiziere kamen nach 5. Margarita und erzählten von ihrer Ge¬ 
fangennahme in Besenello. Obst. Tontrada, Kommandant des italienischen 17. Marschregiments, 
zugleich Kommandant aller Gefangenenlager bei S. Margarita, Marani, Pilcante, Ala ufw. hielt 
an die gefangenen Offiziere eine schöne Ansprache, in der er auf das grohe, schöne und edle Italien 
hinwies! 
Am 6. November kamen die Offiziere des Sturmbalaillons nach dem Abmarsche der in der 
Kirche untergebracht gewesenen Offiziere in diese „Unterkunft"; Kaiserjäger- und Kaiserschützen- 
offiziere lagen zusammen hinter dem Hochaltar. Aus etlichen Bänden Klassiker, die in den Stra¬ 
ßen Roveretos gefunden worden waren, wird vorgelesen; im Thor und zur Guitarre ertönen die 
schönen Soldatenweisen, darunter die beiden Sturmbataillonslieder. Das Gefühl restlos erfüllter 
Pflicht gibt den Gefangenen die Kraft, die schweren Demütigungen und Entbehrungen, die ihnen 
die -Gefangenschaft auferlegt, zu ertragen. Andächtig lauscht ein italienischer Leutnant des Sturm- 
bataillons Nr. 29 als Hnspektionsoffizier dem berühmten Kaiserjägerlied und den „Sturm- 
Liedern". Tr, wie die meisten italienischen Frontoffiziere, behandelt die gefangenen Offiziere mit 
größter Hochachtung. 
Schon wogen der vielen fremden Sprachen außerstande, in die auf 20.000 angeschwollene Ge¬ 
fangenenmenge Ordnung zu bringen, ersuchte Obstlt. Tontrada am 7. November Hptm. Teuber 
um seine Mitwirkung. Da dieser glaubte, hiebei unseren Soldaten nützen zu können, übernahm 
er mit den Offizieren des Sturmbataillons und anderer Truppenkörper diese schwere Aufgabe. Nach 
einer kurzen „Bergpredigt" an die Tausenden aller Nationen übernahm Hptm. Teuber das 
Kommando. Nun wurden die Gefangenen, nicht nur die Soldaten der österreichisch-ungarischen 
Monarchie, auch die russischen, rumänischen und serbischen Kriegsgefangenen, in sieben Lager 
formiert, nach Nationalitäten gesondert. Die Kaiserjäger und Kaiserschützen blieben als geson¬ 
dertes Lager unter dem Kommando des Oblt. Pfützner. 
i) Auch die nachfolgenden Angaben und Schilderungen find zum größten Teile den Lagebuchaufzeichnungen des 
Hptm. Teuber, dann Heimkehrererzählungen entnommen. 
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