Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

3m Vertrauen auf die angenommenen Waffenstillstandsbedingungen, ohne Gelegenheit zur 
Gegenwehr, nach den zahllosen siegreichen Kämpfen des vierjährigen Krieges waren die Kaifer- 
jägerregimenter nicht in einem ritterlichen Waffengange unterlegen, sie wurden unverdient und 
unverschuldet gefangen genommen." 
3n Kriegsgefangenschaft. 
Geführt von italienischen Offizieren verliehen die Kaiferjägerregimenter am 4. November 
abends den Sattel von San Sebastians, um nach Lüden in die Gefangenschaft abzumarschieren, 
voraus die Regimentskommandanten, hierauf die Kompagnien in schön geschlossenen Kolonnen. 
Als die Tiroler Bauern im Fahre 1809 nach der unglückseligen letzten Schlacht am Berg 3sel 
— ebenfalls zu Allerheiligen — den Rückzug antraten, dürfte kaum eine traurigere Stimmung 
geherrscht haben. Niemand sprach ein Wort, still, wie durch einen Friedhof, wunderten die 
Kaiserjäger durch Gegenden, die sie einst — im Mai 1916 — mit Hurra erstritten hatten, den 
Feind von Berg zu Berg treibend. Um Mitternacht erreichte man den Monte Lampomolon, wo der 
Rest der Rächt im Freilager verbracht wurde. 
„Mit halberstarrten Gliedern erwachend" — so erzählt Oblt. Blaas — „mutzte man erst 
nachgrübeln, wie man in diese Gegend gekommen war. Am 5. November, um 7 Uhr vormittags, 
erfolgte der Weitermarsch über den Passo della Vena, Tonezza, Form, durch das Val Astico nach 
Arsiero. Sehnsüchtig blickten die Fäger bei Zorn! aus die leeren Stellungen und Unterstände, als 
wollten sie sagen: „Da bleiben wir jetzt!" Aber ohne Rast ging es weiter und um 8 Uhr abends 
wurde Arsiero erreicht. 3n dunklen Umrissen erhob sich dahinter die Priasorä, der Berg, welcher 
am 30. Mai 1916 vom 1. Regiment im Sturm den Stalienern entrissen worden war. Und jetzt lagen 
wir gefangen zu ihren Zützen. Man verzehrte die letzte österreichische Konserve, stellte Zelte aus 
und während die 3taliener das weite Gefangenenfammellager mit Scheinwerfern abstreuten, um¬ 
fing die gottverlassenen Streiter der Schlaf. 
Am 6. November verblieben die Kaiserjäger in Asiero. 
Tags darauf, um 7 Uhr früh, erfolgte der Abmarsch nach Rocchette und von dort die Weiter¬ 
beförderung mit der Bahn über Verona nach Villasranca. Lin zweistündiger Zutzmarsch führte 
ins Konzentrationslager Laftell d'Azzano. 40.000 Kriegsgefangene lagerten dort innerhalb einer 
ummauerten, nicht allzugrotzen Wiesen- und Gartensläche, die Mannschaft in Zelten, die Offiziere 
zum Teil im Laftell. Hier trat die Scheidung der Mannschaft nach Nationen ein. 
Die Verpflegung war äußerst schlecht. Reis und Makkaroni wurden roh ausgegeben, es 
bestanden aber keine Vorsorgen zur Zubereitung. Um menageschalenweise abkochen zu können, 
fehlte es an Holz. Zeden zweiten Tag gab es pro Mann ein fauftgrotzes Stück Brot. Die zahl¬ 
reichen ausgestellten Posten achteten ängstlich daraus, datz die vorhandenen Bäume und Sträucher 
nicht zur Holzgewinnung herangezogen wurden, und versuchte sie jemand anzurühren — gabs gleich 
Feuer. 3n mancher Nacht schwirrten zahlreiche Schüsse durch das Lager und verursachten Ver¬ 
wundete und Tote auch unter ganz Unbeteiligten. Die sanitären Verhältnisse Hetzen viel zu wün¬ 
schen übrig. Das ganze Lager bildete bald eine einzige Latrine, an allen Lcken und Lnden roch 
es nach nichts Gutem. Lin Glück war das schöne gleichmätzig Kühle Herbstwetter, sonst wäre wohl 
die Ausbreitung von allerlei Krankheiten unausbleiblich gewesen. 
Am 23. November erfolgte der Abtransport der Offiziere aus dem Lager von Laftell d'Azzano 
und damit waren diese von der Mannschaft für die ganze Zeit der Kriegsgefangenschaft getrennt. 
Die Mannschaft wurde etwas später aus verschiedene Lager in der Gegend von Verona—Lastelle- 
dolo, Proccolo u. a. — ausgeteilt. Man stellte Arbeitspartien zusammen und verwendete sie zu 
mannigfachen Zwecken, insbesondere zu Bahnausbesserungsarbeiten auf der Strecke Verona— 
Trient. Die Behandlung von seiten der italienischen Kommanden und Wachorgane war im 
allgemeinen nicht schlecht. Schlimm stand es mit den Unterkunstsverhältnissen — Zeltlager bis tief 
in den Winter hinein — und noch schlimmer wurde die sehr knappe Verpflegung empfunden. Lrst 
330
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.