Volltext: Viribus Vnitis. Das Buch vom Kaiser

»Territet . . . c’est un nid du bon Dieu.« Am Fusse der Alpen und bespült vom schönsten der Schweizerseen, erhebt 
sich eine Gruppe villenartiger Häuser, die das »Hotel des Alpes«, das Mutterhaus des dicht anstossenden »Grand Hotel«, und 
dieses selbst beherrschen. 
In den Märztagen des Jahres 1893 war auf der Fremdentafel des Hotels in Territet zu lesen: »Comte et Comtesse 
de Hohenembs«. Die Kaiserin war Ende Februar am Genfersee eingetroffen, die Appartements für den Kaiser und die Kaiserin 
im »Hotel des Alpes« waren schon im Winter bestellt worden. Der Erste Obersthofmeister FML. Prinz Liechtenstein, 
damals Oberststallmeister, hatte den ersten Stock für »Wiener Freunde«, die er nicht namhaft machte, bestellt. Selbst in den 
ersten Februartagen des Jahres 1893 wusste die Hoteldirection noch nicht, welch’ hohe Gäste sie zu erwarten hatte. Das 
wurde erst bekannt, als der Telegraf die Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin in Lausanne meldete. Am 28. Februar traf dann 
der Kaiser in Territet ein. Die vom Kaiser und der Kaiserin bewohnten Gemächer, in denen einst auch Kaiserin Augusta 
von Deutschland geweilt hatte, waren mit vornehmer Einfachheit ausgestattet. Die Fenster blickten zum Theile nach dem 
See, zum andern in den reservierten Garten. Der Kaiser hatte drei, die Kaiserin zwei Zimmer zur Verfügung. Das grössere 
war als Salon eingerichtet und führte über die Terrasse direct zum See; das kleinere diente der Kaiserin als Schlaf-und Toilettezimmer. 
Vor der Ankunft des Kaisers schmückte die Kaiserin dessen Zimmer reichlich mit Blumen, Nippes, Landschafts- und 
Trachtenbildern, wie sie als Andenken aus der Schweiz mitgenommen werden. Die Blumen wurden während des Aufenthaltes des 
Kaisers täglich gewechselt. Es war dies die Sorge der Gemahn des Hoteldirectors, Frau Maria Schieb, die auch der Liebe der 
Kaiserin für frische Blumen mit Geschmack 
Rechnung trug. 1 2 34 
Um 6 Uhr Früh sass Se. Majestät 
der Kaiser schon am Arbeitstische, die 
Sendung der Wiener Cabinetskanzlei durch 
sehend. Die Regierungs-Geschäfte standen 
auch fern von Wien nicht stille. Ein 
kaiserlicher Cabinetscourier wurde täglich 
abgeschickL Zweimal wurden in früher 
Morgenstunde den Majestäten von der Cur- 
capelle Ständchen dargebracht. So am 
2. März. Die Klänge der österreichischen 
Volkshymne schwangen sich über See und 
Berge, es folgte der Kaiser Franz Joseph- 
Marsch, Schubert’s weihevolles »Ave Maria« 
machte den Beschluss. Das zweite Ständ 
chen wurde am g. März abgehalten. 
Gemeinsam nahmen die Majestäten 
nur das Frühstück in ihren Appartements. 
Zum Lunch und Diner erschien der Monarch 
im Salon des »Grand Hotel«. Das schöne, im 
Stile Ludwig’s XIV. eingerichtete Gemach 
bot einen herrlichen Ausblick auf den See. 
Der Weg von und zur Tafel wurde Mittags 
durch den Ballsaal und das Lesezimmer, 
Abends durch den grossen Speisesaal, dessen 
Gäste sich noch nicht zur Table d’hote 
versammelt hatten, genommen. Man sah 
den Kaiser im geschlossenen Gehrock, den 
runden steifen Hut in der Hand, nach den 
Mahlzeiten durch den Lesesaal schreiten 
und huldvoll die ehrerbietige Begrüssung der 
Engländer und Engländerinnen erwidern. 
Auf zahlreichen Spaziergängen such 
ten der Kaiser und die Kaiserin die anmu- 
thigen und abwechslungsvollen Stätten in der 
TERRITET: DAS KAISERPAAR AUF EINEM AUSFLUGE. * 
* 1. Erster Obersthofmeister Rudolf Prinz zu Liechten 
stein; 2. General-Adjutant G. d. C. Graf Paar; 3. General- 
Adjutant FML. von Bolfras; 4. Kaiserin Elisabeth.
	        
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