Volltext: Viribus Vnitis. Das Buch vom Kaiser

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Majestät stellen zu dürfen. In Meinem Volke und in Meinem Heere wird 
fest und treu an der von Uns geschlossenen Bundesgenossenschaft ge 
halten, und letzteres ist sich bewusst, dass es zur Erhaltung des Friedens 
für Unsere Länder einzustehen hat, vereint mit der tapferen österreichisch - 
ungarischen Armee und mit dieser, wenn es der Wille der Vorsehung sein 
sollte, Schulter an Schulter zu fechten haben wird.« 
Darauf sprach Kaiser Franz Joseph: 
»Dankbar für den mit den wärmsten Worten an erinnerungs- 
reicher Stelle ausgebrachten Trinkspruch Meines kaiserlichen Freundes, für 
die in so glänzender, erhebender Weise bethätigte Begrüssung, dankbar 
für den Mir auch seitens der Bevölkerung gewordenen, wohlthuenden Em 
pfang und für die grosse Herzlichkeit, welche Mich hier inmitten treuer 
Bundesgenossen umgibt, in dankbarer Erinnerung endlich an die Mir 
von den Angehörigen dieses weiten Reiches bewiesene aufrichtige Theil- 
nahme, erhebe Ich das Glas auf das Wohl des Mir so nahe stehenden 
Freundes und Alliirten, auf die untrennbare Verbrüderung und Kamerad 
schaft zwischen dessen tapferem Heere und Meiner Armee, und auf die 
Mehrung und Festigung der Friedensbürgschaften zum Heile und Segen 
der verbündeten Staaten und Völker, sowie des gesammten Europa. Seine 
Majestät der deutsche Kaiser und König von Preussen, Ihre Majestät die 
Kaiserin-Königin und das erlauchte Herrscherhaus leben hoch! hoch! hoch!« 
Lange Zeit hindurch beherrschten diese beiden Toaste die Geister, 
und es ist nicht zu viel gesagt, dass eine neue Zeitströmung damals 
einen kräftigen Impuls erhielt. 
Die beiden Monarchen begaben sich am 14. August zusammen 
in die Friedenskirche, jene schöne protestantische Kirche, in welcher Kaiser 
Friedrich, der Vater des Kaisers Wilhelm, begraben liegt. Vorher war 
ein herrlicher Kranz gebracht worden, welchen Kaiser Franz Joseph für den Sarkophag des früh verblichenen Kaisers bestimmt 
hatte; ein grosser, voller, dichter Kranz aus Rosen mit dunklem, grünem Laube. An dem Grabe, in der einsamen Grabcapelle, 
verweilten die beiden Herrscher geraume Zeit in stiller Andacht. 
Sehr interessant gestaltete sich der Besuch, den Kaiser Franz Joseph seinem Garde-Grenadier-Regimente machte. In der 
Blücherstrasse liegt ein riesiger Gebäude-Complex, welcher dieses stolze Regiment beherbergt. Dasselbe hatte Schmuck angelegt. Von der 
Front der Kaserne wehten Fahnen und Banner. Ein Mastenwald stand vor dem Baue und auf dem Hofe. In der Mitte des Hofes ein Denkmal; 
die Verbrüderung der preussischen und österreichischen Fahnen symbolisierend; der österreichische Doppelaar und der preussische Adler 
von Bannern umgeben. Das Ganze war von den Soldaten des Regimentes gemacht worden. Kaiser Franz Joseph besichtigte dasselbe mit 
sichtlicher Freude, als er geführt von den ersten Officieren des Regimentes, unter den lauten Hurrahrufen der Soldaten, seinen Rundgang 
hielt. In der Officiersmesse war, unter Lorbeerbäumen und Palmen, die glanzvolle Tafel hergerichtet, an welcher das reichste Regiment 
der preussischen Armee seinen hohen Inhaber bewirthete. Ausser den beiden Kaisern und dem Erzherzoge Franz Ferdinand nahmen 
an der Tafel theil; der österreichisch-ungarische Botschafter Graf Kälnoky, der alte General-Feldmarschall Graf Moltke, Graf Bismarck, 
Feldzeugmeister Freiherr von Beck, Graf Waldersee, die bedeutendsten Militärs und Staatsmänner Preussens und Oesterreich-Ungarns. 
Kaiser Franz Joseph machte während seiner Anwesenheit in Berlin der greisen Kaiserin Augusta, deren intime Anhäng 
lichkeit an Oesterreich bekannt war, einen Besuch; bei dieser Gelegenheit überreichte die Kaiserin-Witwe ihrem hohen Gaste das 
Bild des verewigten Kaisers Wilhelm I. In Charlottenburg weilte Kaiser Franz Joseph im Mausoleum an dem Grabe des Kaisers 
Wilhelm und der Königin Luise. Er machte dem Fürsten Bismarck einen Besuch und dessgleichen dem Grafen Moltke, und die 
Zahl jener Persönlichkeiten in Berlin, welche durch österreichische Orden ausgezeichnet wurden, war sehr gross. Auch der Himmel 
begünstigte die Tage in Berlin; es war das schönste Kaiserwetter, so dass Kaiser Franz Joseph an einem Abende auf dem Balkon 
der österreichischen Gesandtschaft den Thee nehmen konnte. Die Entwicklung, welche die Stadt Berlin seit dem Jahre 1872, in 
welchem Kaiser Franz Joseph zum letzten Male dort geweilt, durchgemacht hatte, wurde von diesem voll gewürdigt. 
»Ich bin glücklich mit dem Kaiser Franz Joseph wieder einige Tage zusammen kommen zu können. Er ist mir gegenüber 
wie ein Vater zu seinem Sohne.« Diese Worte sprach Kaiser Wilhelm II. zu einem deutschen Fürsten, als er die Zusage erhalten 
hatte, dass Kaiser Franz Joseph im September 1890 zu den Manövern nach Preussisch-Schlesien kommen werde. 
Diese fanden auf dem historischen Blachfelde von Leuthen statt, auf welchem im vorigen Jahrhundert die Oester 
reicher und Preussen im blutigen Würfelspiel rangen. Ein Theil der Manöver stellte eine Wiederholung der Schlacht vor und trug 
* 1. FZM. Friedrich Freiherr von Beck; S. G. d, C. 
Graf Waldersee; 3. Graf Caprivi; 4. Major Steininger.
	        
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