Volltext: Viribus Vnitis. Das Buch vom Kaiser

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Rebengelände, am rechtenUfer wohlgepflegte Gärten; die zahlreichen Sommerhäuschen in schattigen Hainen. Zwischen den beiden 
Ufern spannt die Donaubrücke ihren mächtigen Bogen, unter welchem die Dampfer ihre Schornsteine nicht zu neigen brauchen. 
In Pressburg war es, wo die Königin Maria Theresia, ihr Kind auf den Armen, vor die Besten und Grössten 
Ungarns trat, Schutz und Hilfe erwartend und erbittend. In der dreifachen Herrlichkeit ihres Fürsten-, ihres Frauen- und ihres 
Mutterthums wendete sie sich an die Söhne Ungarns und fünfhundert Schwerter flogen klirrend aus der Scheide. . . . 
In der Bürgerschaft Pressburgs war der Gedanke entstanden, auf der alten Krönungsstätte, der grossen Königin ein Denkmal 
zu errichten, und mit der Ausführung wurde ein Pressburger Künstler betraut, Johann Fadrusz, der sich vom schlichten Schlosser 
lehrling zu einem der bedeutendsten Bildhauer Ungarns emporgearbeitet hatte. Selten entstand unter einem ungarischen Meissei ein 
Bildwerk, welches wie dieses, den Stempel ungarischer Art an sich trüge, und doch, bei all’ seiner Freiheit und Originalität, 
an Werke italienischer Meister erinnert. Mit Stolz sagen die Ungarn von dem Denkmal: »Diese Steine sprechen ungarisch.« 
Auf länglichem, dunkeln 
Granitsockel erhebt sich die 
Gruppe. Der Stadt zugewendet 
funkeln die Goldbuchstaben: »Im 
tausendsten Jahre von Ungarns 
Bestand zum Angedenken an die 
Königskrönungen errichtet von 
der königlichen Freistadt Press 
burg 1896.« Auf die Donau blickt 
hinab das geschichtliche : »Vitam 
et sanguinem.« Der Künstler 
hatte sich aus dem königlichen 
Gestüt das herrliche Thier aus 
erwählt, welches die Königin 
trägt. Die spanische Rasse ist 
ganz besonders geeignet das 
Pompöse und Feierliche zum Aus 
drucke zu bringen. Eine schwere, 
überreiche Mähne, ein dichter 
schön herabwallender Schweif, 
prägen die Kraft aus. Mit einer 
stolzen Neigung wirft das Pferd 
den wohlgebildeten Kopf in die 
Brust; sein mächtiger Leib 
äussert sich in Verhältnissen, die 
an altitalienische Vorbilder ge 
mahnen. Die säulenartigen Beine 
trügen wohl eine zehnmal grössere 
Last als jene der jungen Frau, 
welche in heiterer Majestät, sicher 
und anmuthig dort oben sitzt. 
Die weichfaltige Schleppe ihres fürstlichen Kleides fällt seitlich herab und bei aller Grazie bändigt ihre Linke kräftig das edle Ross, 
derweilen ihre Rechte das Scepter hält, wenn auch voll königlichen Selbstbewusstseins, doch leicht und graziös. Rechts vom 
Beschauer blickt ein reichgekleideter Magnat, die Hand auf das Herz drückend, zur Königin empor. Jenseits steht der Kurutze, in 
den harten Zügen entschlossenen Muth und Treue. So ist das Denkmal; bei seinem grossen Umfange in seiner Anordnung fein 
gegliedert; bei seiner Eleganz, voll Kraft und Ausdruck. 
Die Enthüllung des Denkmals wurde zu einem Feste, wie es das an Glanz gewöhnte Pressburg kaum jemals gesehen. 
Ein Hochgefühl durchglühte die Brust aller der Tausende von Theilnehmern; in erster Linie der Bürgerschaft von Pressburg. In 
die festlich geschmückte Stadt, überragt von dem in bunten Farben gekleideten St. Michaelsthurm, hielten die Erzherzoge ihren 
Einzug, die Magnaten, die Vertreter aller Comitate, voran die Geistlichkeit und eine ungezählte Fremdenmenge, um der Ankunft 
des Kaisers und Königs entgegenzusehen. 
Mit dem Donner der Geschütze mischten sich die mächtig anschwellenden 6ljenrufe, als der Kaiser vom Bahnhofe zu dem 
Palaste des Erzherzogs Friedrich fuhr. 
Der Kaiser begab sich sodann auf den Festplatz und von allen Fenstern brachten ihm die Damen mit wehenden Tüchern 
ihre Grüsse entgegen.
	        
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