Volltext: Oberösterreichische Männergestalten aus dem letzten Jahrhundert

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Auch fehlte die Pflege der Klassiker nicht: Haydn, 
Mozart, Beethoven, dessen neun Symphonien würdig zu bieten 
Göllerichs besondere Sorge war. Aber auch Brahms, Psitzner, 
Götz, Cornelius, Richard Strauß, Volkmann, Ritter, Richard 
Wagner, Schumann fehlten nicht. Bach, Händel und be 
sonders Schubert liebte der Dirigent und Chormeister des 
„Frohsinn". Auch die Oberösterreicher Kienzl und Reiter ließ 
er zu Wort kommen. Aufführungen großer Oratorien wie 
„Christus" oder Berlioz „Requiem" (8. April 1903), die Bruckner- 
feste waren Weihestunden, an denen sich ganz Oberösterreich 
beteiligte. Denen, die unter ihm solch ein großes Werk studierten, 
werden seine geistvollen Erläuterungen und die hinreißende 
Art seiner Führung unvergeßlich sein. Er wählte nur Werke, 
für die er innerlich erglühen konnte — dann schlug aber auch 
sein Feuer in die Mitwirkenden und Lauschenden. 
In ihm besaß Linz den letzten großen Dirigenten der Liszt 
schule. Liszt wollte Dirigenten, die „Steuermänner, keine 
Ruderknechte" seien. Darum war Göllerich kein Taktschläger, 
er stellte das Innenleben, die Seele des Werkes dar, gab 
gleichsam den Pulsschlag der Musik an. Wie Liszt, setzte er 
voraus, daß der Sänger, der Jnstrumentalist das Technische 
beherrsche. Es war daher ein Hochgenuß, ihn ein erst 
klassiges Orchester führen zu sehen. Als Gustav Mahler 
Bruckners Sechste in Wien verstümmelt aufführte, trachtete 
Göllerich, den Fehler an Ort und Stelle gutzumachen. 
Es gelang. Er führte den erstaunten Wienern mit dem 
Konzertvereinsorchester am 13. Dezember 1901 die unver 
kürzte Sechste mit Liszts „Mazeppa" und Ritters „Olafs 
Hochzeitsreigen" so glänzend vor, daß die gesamte Presse 
applaudierte. Prälat Dr. Kluger schrieb, er habe bei Bruckner 
darbietungen unter Hans Richter mit den Philharmonikern 
keine solchen Eindrücke erlebt, als unter Göllerich mit einem 
kleinereimOrchester. Leider ließ man ihn in Wien nie wieder 
zu Wort kommen. 
Als Schriftsteller gab er Bekenntnisbücher: „Beet 
hoven", „Franz Liszt. Erinnerungen." Dazu durch lange 
Jahre oie kostbaren Einleitungen zu den Werken seiner Kon 
zerte. Von Bruckner selbst als Biograph bestimmt, sammelte 
er Jahrzehnte Material für vier Bände. Es war ihm nicht 
gegönnt, das Erscheinen des ersten Bandes zu erleben. Krieg 
und Nachkriegszeit lähmten sein Schaffen und schon in besseren 
Zeiten war der Künstler gezwungen, neben der vielen Arbeit 
in seinem Amte mühevoll „Stunden" zu geben.
	        
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