Volltext: Oberösterreichische Männergestalten aus dem letzten Jahrhundert

97 
Waldeck erhielt nun einen Posten als Schulgehilfe in Grün 
burg bei Steyr, später kam er nach Frauenstein und in den 
Sechzigerjahren in gleicher Eigenschaft an die Kapuzinerschule 
am Schullerberg in Linz. In diese Zeit fällt auch die erste 
Begegnung mit Meister Anton Bruckner, der 1866 zum Dom 
organisten ernannt worden war. Dieser gewannn den jungen 
Schulmeister lieb, spornte ihn zum eifrigen Orgelspiel an und 
erteilte ihm auch Unterricht in den musikalischen Disziplinen. 
Die Folge dieser ernsten, gewissenhaften Studien war, 
daß Waldeck in kurzer Zeit ein sattelfester Organist wurde, 
dessen Dienste man daher gern in Anspruch nahm. In der 
Martinskirche, dem ältesten Gotteshause unserer Stadt, holte 
sich der vorwärtsstrebende Lehrer seine ersten Lorbeeren als 
Orgelspieler. Mit den Jahren erlangte er eine solche Fertig 
keit auf diesem Instrumente, daß er den festen Entschluß faßte, 
seinen künftigen Lebenspfad in die Laufbahn eines Kirchen- 
mnsikers zu lenken. Wenn Bruckner in Wien weilte, um bei 
Sechter Harmonielehre- und Kontrapunktstudien zu betreiben, 
versah Waldeck wiederholt für Meister Antonius den Orgel 
dienst in der alten Linzer Domkirche. Eines Lungenleidens 
wegen mußte er ohnedies den Lehrberuf und auch die vielen, 
seine Gesundheit untergrabenden Privatstunden aufgeben. Im 
Jahre 1868 übernahm er den Posten eines Organisten an der 
Linzer Stadtpfarrkirche und am alten Dom, welchen er bis 
zum Jahre 1890 bekleidete. Von diesem Zeitpunkt bis 1905 
hatte er die Stelle eines Domkapellmeisters inne. 
Der anstrengende Kirchendienst griff die Nerven des 
zartbesaiteten Künstlers an und so mußte Waldeck einen längeren 
Erholungsurlaub nehmen, den er in Torbole am Gardasee 
verbrachte. Der Aufenthalt im Süden zeitigte auch vorüber 
gehend eine erfreuliche Besserung seiner angegriffenen Ge 
sundheit. Mit seinen beiden Schwestern, die ihrem Bruder 
ihre vollste Sorgfalt widmeten, lebte er still und bescheiden 
in seiner in der Steingasse gelegenen Wohnung. Sein älterer 
Bruder Dr. Franz Waldeck war Theologieprofessor in Linz 
und selbst ein begeisterter Vorkämpfer für die Reform der 
katholischen Kirchenmusik; er starb schon in verhältnismäßig 
jungen Jahren 1866 in unserer Landeshauptstadt. Ein zweiter 
Bruder Friedrich Waldeck wirkte jahrzehntelang als Schrift 
leiter beim „Grazer Tagblatt"; auch er betätigte sich auf dem 
Gebiete der Kunst als feinsinniger Theater- und Musikreferent 
in Graz, das zu seiner zweiten Heimat wurde. Hochhetagt 
und allgemein geschätzt, starb er während des tobenden Welt 
krieges an Altersschwäche, tief betrauert von allen, die ihn 
7
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.