Volltext: Das Reisebuch des Wiener Kindes

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Endlich fuhren wir ab, zuerst durch einige kleine Dörfer und endlich 
kamen wir in der Stadt an. Schon von Weitem sah man, daß ein Fest sein 
mußte, denn fast alle Häuser waren mit Blumen, Fahnen, Bändern und 
noch vielen schönen Sachen geschmückt. Das war ein wundervoller Anblick. 
Ueberall sah man geputzte Leute und die größeren Mädchen verkauften 
Blumen und Karten. Dann kamen Wagen, welche mit Blumen, Fahnen, 
schönen Bändern geschmückt waren heran und darinnen saßen die Turner, 
welche schön sangen. Wir stiegen vor einem Restaurant ab, denn hier 
wohnte die Schwester von meiner Pflegemutter. Hier wurde ich als „Wiana 
Maitali“ vorgestellt. Dann gingen wir auf einen Platz, wo es fast aussah, 
wie im Prater. Da sah man Ringelspiele, Schaukeln, Zauberer, Hampel¬ 
männer und Kasperltheater. In der Mitte des Platzes stand ein Mann, der 
Ziehharmonika spielte. Auf dem Kopfe hatte er eine Blechmütze, welche 
mit lauter Glocken behängt war und wenn er sich rührte klingelte alles. 
Bald kamen die Turner von allen Dörfern heran und machten gemeinsame 
Uebungen und turnten nach der Musik. Wie die Turner fertig waren sollten 
sie durch die ganze Stadt gehen. Wir liefen rasch voraus und konnten alles 
sehen. Die Turner kamen in Reihen geordnet und der erste trug immer 
eine Fahne, damit man sehen konnte, von welchem Ort sie waren. Es 
wurde Musik gespielt und sie marschierten im Takte. Welche hatten Lorbeer¬ 
kränze und waren sehr stolz darauf. Aber bald waren alle vorbei und es 
wurde dunkel. Bei Mondschein fuhren wir nach Hause. 
Grete (12 Jahre). 
Adolf (10 Jahre). 
Ich war so glücklich und durfte mit einem Transporte auf Erholung. 
Es ging nach der Schweiz. Meine Freude war so groß, daß ich die 
Tränen tapfer hinunter würgte. 
Nach langem Fahren kamen wir endlich an. Ich kam zu einem Land¬ 
wirte. 
Meine Pflegeeltern waren sehr lieb, ich bekam Milch und Brot. Ich hatte 
riesig Heimweh, aber da waren so viele Kühe, Hühner und Schweine, daß 
ich nach den fünf Wochen gar nimmer heim wollte Ich kam dick und mit 
roten Wangen nachhause. 
Hilda (9 Jahre). 
Als in Wien eine Hungersnot ausbrach kamen viele Kinder in die Schweiz. 
Unter denen war ich auch dabei. 
Als ich die frische Luft dort spürte und atmete da war es mir wohl.
	        
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