Volltext: [Der Weltkrieg 1914 bis 1918 / Die militärischen Operationen zu Lande ] ; Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Die militärischen Operationen zu Lande. 14,1 Die Kriegführung an der Westfront im Jahre 1918 : [Hauptbd.] (14,1 1944)

General Groener vor dem Kriegskabinett. 
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Bei allmählichem Zurückgehen der nördlichen Heereshälfte in die Ant- 
werpen/Maas-Stellung könne man hoffen, „daß für etwa 14Tage schwere 
Kämpfe vermieden" würden. Die militärische Gesamtlage verbessere sich 
dadurch aber nicht, da die Stellung nicht fertig ausgebaut sei und die 
Eisenbahn- und Wirtschastsfragen durch das Zurückgehen ungünstig be¬ 
einflußt würden. 
Die Stimmung im Heere sei nicht einheitlich. Einzelne Divisionen schlü¬ 
gen sich bewundernswert, andere versagten ohne klar erkennbare Gründe. 
Waffenstillstandsangebot, Verhetzung durch die Presse und bolschewistische 
Einflüsse hätten ungünstig gewirkt. Wo es gelungen sei, die Stimmung 
hochzuhalten, sei das vor allem das Verdienst tatkräftiger Vorgesetzter. Von 
ausschlaggebender Bedeutung wäre es daher, daß auch in der Heimat alles 
getan werde, um Stellung und Ansehen des Offiziers wieder zu heben. 
Wenn das Heer noch ungeschlagen sei, so wäre dies dem in seiner Masse 
noch vorherrschenden pflichttreuen und tapferen Geiste zuzuschreiben. 
„Was wir von der Heimat fordern, ist nicht Kritik und Polemik, sondern 
Stärkung und Stählung von Herz und Seele. Wenn nicht schleuniger 
Wandel geschieht, richtet die Heimat das Heer zugrunde. Das habe ich 
pflichtgemäß hier zu erklären. Ebenso hat mich der Generalfeldmarschall 
beauftragt, in der Frage der Abdankung des Kaisers wörtlich zu erklären, 
daß er sich für einen Schuft hielte, wenn er den Kaiser verlassen würde, 
und so, meine Herren, denken ich und alle ehrliebenden Soldaten. Wie 
sollen die Tausende und aber Tausende von tapferen Offizieren und Sol¬ 
daten den Entschluß zum Opfertode finden, wenn in ihre Herzen und 
Gewissen der Zwiespalt hineingetrieben wird. Wovon man in der Heimat 
keine Ahnung zu haben scheint, das ist die Psychologie des Heeres, das sind 
die Imponderabilien, auf denen der Gehorsam ruht. Hört die Hetze gegen 
den Kaiser nicht auf, so ist das Schicksal des Heeres besiegelt, es läuft aus¬ 
einander. In der nach der Heimat zurückströmenden Soldateska bricht die 
menschliche Bestie hervor. 
Des Generalfeldmarschalls und meine Gesamtauffassung ist: Der schlimmste 
Feind, dessen das Heer sich zu erwehren hat, ist die Entnervung durch die 
Einflüsse der Heimat, ist der drohende Bolschewismus. 
Nur noch von kurzer Dauer kann der Widerstand sein, den das Heer dem 
Ansturm der äußeren Feinde bei deren gewaltigen Überzahl und angesichts 
der Bedrohung von Osterreich-Angarn her zu leisten vermag. Eine genaue 
zeitliche Befristung des Widerstandes läßt sich nicht geben, da diese einer¬ 
seits von dem Verhalten der Heimat, andererseits von den Maßnahmen und 
dem moralischen und materiellen Zustand des Heeres abhängt. Die Be¬ 
urteilung dieses Faktors ist zu leicht Selbsttäuschungen ausgesetzt, weshalb
	        
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