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Die deutsche Westfront in der Abwehr. Kampf um Zeitgewinn.
is. vi» gewinnen, stieß auf neue feindliche Angriffe, gegen die sich das 54. Korps
und IV. Reservekorps nach schweren Kämpfen behaupteten. Der stärkste
Druck richtete sich gegen das 51. Korps, in dessen Abschnitt der als Tank¬
hindernis wichtige Kanal unterirdisch verläuft. Noch gegen Mitternacht
traf diese Stelle ein starker Stoß, der zu örtlichen Einbrüchen führte und
die Front bei Bellenglise hinter die Kanallinie zurückdrückte; die Lage war
kritisch. Mit Hilfe rasch zugeführter weiterer Verstärkungen konnten dann
aber die in den nächsten Tagen folgenden schwächeren feindlichen Angriffe
abgeschlagen werden. Aber die Kämpfe dieser Tage zeichnete General-
oberst vonBoehnam2I. September aus: „Die letzten Tage waren wieder
sehr schwer, der 18. September ein Schreckenstag, der aber schließlich noch
leidlich abgelaufen ist, wenn auch einiges Gelände verlorenging. Die Truppe
hat eben nicht mehr den alten festen Halt, es fehlen vor allem tüchtige
Offiziere, und die Kräfte der Leute werden bis aufs äußerste angestrengt".
Die Oberste Heeresleitung war mit der Führung der 2. Armee nicht
einverstanden. Am 22. September wurde General von der Marwitz durch
den mit Auflösung der 9. Armee*) freigewordenen General von Carlowitz
ersetzt, Oberstleutnant von Klewitz tauschte mit Major von Miaskowski
(A.O.K. 3) und kehrte dadurch in seine frühere Chefstellung zurück.
Zwischen dem 24. und 26. September drückten dann französische An-
griffe auch das I. bayerische Armeekorps der 18. Armee in eine dicht west¬
lich von St. Quentin verlausende Stellung zurück.
Die Heeresgruppe war der Ansicht, daß der Großangriff gegen die
2. Armee „in nächster Zeit" fortgeführt werden würde. Stärkere Front-
besetzung zwischen Havrincourt und Gouzeaueourt, auffallende Artillerie-
und Infanterie-Bewegungen bei Epehy und Hargicourt, Gefangenenaus-
sagen und die Nachricht, daß bei Bapaume mehrere' amerikanische Divi-
sionen bereitgestellt seien, ließen den Schluß zu, daß der Hauptdruck dabei
gegen Cambrai und damit gegen die Naht zwischen 17. und 2. Armee ge-
richtet sein werde. Aber auch auf dem linken Flügel der 2. und dem rechten
der 18. Armee mußte mit Fortsetzung der britisch-französischen Angriffe
gerechnet werden.
Bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatte die franzö-
sische 10. Armee ihre Angriffe am 18. September fortgesetzt. Ihr Stoß
traf den bisherigen Abschnitt der 9. Armee zwischen Ailette und Aisne,
den am Vormittag gerade die 7. Armee übernommen hatte^). Hier wurde
die Front am 20. September bis Vaudesson und Iouy zurückgedrückt.
Dann trat eine Kampfpause ein. Die 7. Armee rechnete aber mit Sicher-
x) S. 597; Gen. von der Marwitz erhielt die 5. Armee.
2) Ebenda.