Zweiter Tag der Abwehrschlacht bei Svissons/Neims.
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fänglich erheblichem Geländeverlust das linke Ufer des Pudeval-Baches
und die Höhen unmittelbar östlich von Neuilly halten.
Die vorgesetzten Dienststellen waren über den Stand der Kämpfe im
wesentlichen dauernd auf dem laufenden. Die 9. Armee rechnete in
vermehrtem Maße mit Übergreifen des französischen Großangriffs auf
das nördliche Aisne-Afer, da neu eingebrachte Gefangene ausgesagt hatten,
daß dort sieben bis acht Divisionen angreifen sollten. General von Eben
ließ daher die Front der Gruppen Woyna und Hofmann durch tiefere
Gliederung auf Abwehr eines Großangriffs umstellen und bestimmte zu
diesen Gruppen je eine der als Verstärkung anrückenden Divisionen, deren
Ansänge aber von den Ausladebahnhöfen Chauny und La Fvre erst am
20. Juli früh die Front erreichen konnten. Doch auch die Lage südlich der
Aisne wurde mit Recht als sehr unsicher angesehen; abends meldete die
Armee, es müsse damit gerechnet werden, daß die Höhenstellungen bei
Mercin und Vaux (unmittelbar westl. von Soissons), die bisher noch ge¬
halten wurden, „wenn nicht schon heute abend, so doch morgen" verloren-
gehen würden, da frische Kräfte zum Einsatz fehlten.
Bei der 7. Armee wies Generaloberst von Boehn in der Mittags¬
meldung daraus Hin, daß die Lage durch die Fortschritte der Franzosen
gegen Soissons „schwierig" geworden sei; „Abdämmung dieses Einbruchs
stehe allen anderen Aufgaben voran". Aber auch an der eigenen Front
schien um diese Zeit durch das Vordringen der Franzosen über Ville-
montoire Gefahr im Verzuge. Am äußersten linken Flügel bei der Gruppe
Schmettow sowie bei der Gruppe Borne der l. Armee mußte ebenfalls
mit feindlichem Angriff gerechnet werden. Die Lage drängte, wie es im
Kriegstagebuch des Armee-Oberkommandos heißt, zur Zurücknahme des
gesamten zwischen Aisne und Marne liegenden Vorsprungs der deutschen
Front, da der feindliche Druck gerade in dessen Rücken und gegen die einzige
daraus nach rückwärts verlaufende Vollbahn gerichtet war, die über die
Kurve von Sermoise—Missy führte und dort bereits im Wirkungsbereich
feindlichen Fernfeuers lag. Der Abfluß der in jenem Vorsprung eingesetzten
zahlreichen Truppen und großen Mengen von Kriegsgerät war äußerst
schwierig. Wenn auch der erste feindliche Gewaltstoß zum Stehen gebracht
wurde, so bestand die Krisis doch in unverminderter Schwere weiter, bis die
Masse der abzuschiebenden Truppen, Kolonnen und Vorräte aller Art die
Vesle hinter sich hatte. Dabei hatte allein die Artillerie der etwa 40 Di-
Visionen eine Gesamtmarschlänge von ungefähr 600 Kilometern. Hielt die
weitgespannte, schon stark mitgenommene und noch nicht genügend ver-
stärkte Abwehrfront während dieser rückläufigen Bewegungen den er-
warteten neuen Angriffen des Gegners nicht stand, so konnte immer noch