Marneschutz/Reims-Angriff. Der Gegner.
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10. Juli genannt. Einige, allerdings sehr unbestimmt gehaltene Agenten-
Meldungen^) und die Lufterkundung bestätigten die Angaben. Flieger be-
richteten vor allem über sehr lebhaften Verkehr hinter der deutschen Front
an der Marne wie in der Champagne. In den ersten Iulitagen erschien es
daher sicher, daß ein großer deutscher Doppelangriff beiderseits von Reims
bevorstehe, während die Stadt selbst ausgespart zu sein schien und durch
Abschnürung fallen sollte. Es war aber noch die Frage, ob diese Angriffe
die neue deutsche Hauptoffensive sein würden oder nur dazu dienen sollten,
von der eigentlichen Angriffsfront abzulenken. Immerhin wurden bei dem
inzwischen beschlossenen Austausch der im englischen Heeresbereich ein-
gesetzten französischen Truppen gegen britische aus den in Flandern frei
werdenden Divisionen eine neue französische '9. Armee als Heeresreserve
hinter der Heeresgruppe Mitte (bisherige Hgr. Nord) gebildet und weitere
Reserven in den Argonnen bereit gehalten.
An der als bedroht angesehenen Front standen von der Heeresgruppe
Mitte, die seit dem 15. Juni General Maistre^) befehligte, der rechte Flügel
der ö., die 5. und der größere Teil der 4. Armee. Da die Front der 6.
und des linken Flügels der 5. Armee erst Anfang Juni durch die deutsche
Soissons/Reims-Offensive entstanden war, befand sich der Stellungsbau hier
noch in den Ansängen, doch gewährte bei der 6. Armee die Marne starken
Schutz. Die übrige Front der 5. und die der 4. Armee lag seit 1914 im großen
und ganzen fest, wenn sie auch durch schwere Dauerschlachten bis zum Früh¬
jahr 1917 mehrfache Veränderungen erlitten hatte. Seitdem hatte hier Ruhe
geherrscht. Die Stellungen waren dementsprechend stark ausgebaut und tief
gegliedert. Die Hauptwiderstandslinie sollte, den französischen Abwehr-
Grundsätzen entsprechend, bei allen drei Armeen in einer Zwischenstellung
oder in der II. Stellung liegen, davor ein mehr oder minder tiefes Vorfeld.
Vom 4. Juli ab waren die über einen bevorstehenden deutschen An- 6,6
griff einlaufenden Nachrichten so zahlreich und übereinstimmend, daß die 10-3<ül
Champagne-Front durch Zuführung von Reserven gestützt wurde und die
6. Armee am 6. Juli erhöhte Gefechtsbereitschaft und Abgabe von Ver-
nichtungsfeuer für die Nacht befahl. Am 8. ordnete General. Maistre das
Gleiche für alle drei Armeen an, nachdem ein Gefangener nochmals den
Angriff für 9. oder 10. Juli (er war tatsächlich zunächst für den 10. an-
*) Die wertvollste war eine am 11. Juli vorliegende Meldung „aus sehr guter Quelle"
über eine beiderseits von Reims zwischen dem 8. und 15. Juli bevorstehende Offensive, die
bis Tahure nach Osten reichen, Reims einschließen und den Besitz des Geländes bis zur
Marne bringen solle.
2) Visher O. B. der 10. Armee; diese hatte Gen. Mangin (S. 407) übernommen.
Der bisherige O. V. der Heeresgruppe, Gen. Franchet d^Espsrey, erhielt die Armee auf
dem Balkan (Bd. XIII, S. 407).