Erwägungen und Vorbereitungen.
267
weiterhin die Eisenbahnknotenpunkte Hazebrouck und St. Omer von t>e~
sonderer Wichtigkeit, daneben auch die ausgedehnten Wälder südlich von
Hazebrouck (Nieppe-Wald) und östlich von St. Omer (Clairmarais-Wald).
In der Südflanke lag das ausgedehnte Bergwerks- und Industrie-Gebiet
von Bethune, das sich nach Westen längs des la Bassse-Kanals bis gegen
Aire fortsetzt. Die Wasserläufe, vor allem der bedeutendste von ihnen, die
in ihrem Oberlaus kanalisierte Lys mit Anschluß an den La Bassee-Kanal,
waren wegen ihrer Tiefe und sumpfigen Afer Hindernisse, die fast nur
auf den vorhandenen Brücken überschritten werden konnten. Auch mußten
nach den Erfahrungen von drei Kriegsjahren bis Mitte Mai alle
wegungen außerhalb des allerdings weitverzweigten Straßennetzes auf
große Schwierigkeiten stoßen; bis zu diesem Zeitpunkt galten daher größere
Angriffsunternehmungen als nicht durchführbar.
Wenn die Oberste Heeresleitung sich trotzdem zum Angriff schon
Ansang April entschlossen hatte, so waren dafür neben der außergewöhn-
lichen Trockenheit des Frühjahrs die eigene Lage, in der man nicht Zeit
hatte zu warten, und die Verhältnisse beim Gegner maßgebend gewesen.
Wie man annahm, standen von Frslinghien (nordöstl. von Armentieres)
bis zum La Bassee-Kanal etwa 61/2 Divisionen der britischen l. Armee,
davon zwei portugiesische, in der vorderen Linie einer rund 26Kilometer
messenden Front1). Wie schon gesagt, traute man den portugiesischen Divi¬
sionen keine große Widerstandskraft zu, und die englischen waren oder
wurden durch abgekämpfte von der Michael-Front ersetzt, so vor allem Teile
des kanadischen und des australischen Korps. Damit schien eine sobald nicht
wiederkehrende besonders günstige Gelegenheit für den Angriff gegeben.
Die Ziele wurden entsprechend weit gesteckt.
Im Anschluß an die Besprechung in St. Amand erging am 3. April
abends an die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht eine in Vorschlagsform
gekleidete Weisung, in der als „erste Ziele" des Angriffs der 6. Armee
bezeichnet waren: für den rechten Flügel, hinter dem eine Staffel nach-
geführt werden sollte, die Höhen südöstlich von Godewaersvelde und bei
Cassel, für die Mitte der Clairmarais-Wald und die Kanalübergänge von
St. Omer bis Aire, für den linken Flügel die anschließenden Kanalüber-
gänge bis St. Benant sowie die Übergänge über die Clarence (bei Merville
in die Lys einmündend) bis Choques und die Höhen hart westlich und
südlich von Bethune. Damit lagen die „ersten Ziele" bis zu 40 Kilometer
(Luftlinie) vor der jetzigen Stellung; es handelte sich um einen sehr tiefen
Durchstoß auf verhältnismäßig schmaler Front. Der Schwerpunkt sollte
in die Richtung Cassel—St. Omer, also auf den rechten Flügel und die
x) Tatsächliche Gliederung Beil. 38g.