Volltext: Lemberg 1914

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Die Grundprobleme des Krieges. 
Der Grundsatz der Zusammenfassung der Kräfte und des Stoßes be¬ 
herrscht den Krieg durch alle Jahrhunderte. Die Idee der Kraft Vereinigung 
ist wohl theoretisch stets anerkannt, doch praktisch nicht immer angewendet 
worden. Die Abweichungen waren allerdings durch eigenartige Verhältnisse 
zeitweilig bedingt. 
So sind auch die militärischen Auffassungen vor dem Kriege, nicht nur 
bei uns, sondern in allen Staaten, von dem erwähnten Grundsatz abgekom¬ 
men. Aber genau so, wie stets vorher, hat die große und natürliche Gewalt 
des Krieges Handlungen und Gegenhandlungen so lange berichtigt, bis sich 
über alle Auffassungen und Anschauungen hinweg die natürlichen Gesetze 
des Krieges wieder in voller Reinheit zeigten. Das Bild entwickelt sich aus 
kriegsgeschichtlichem Rahmen zu großer, allgemein historischer Bedeutung 
und zeigt das beinahe schicksalhafte Walten zwingender Gesetze. 
Ein kurzer Rückblick in die historische Entwicklung militärischer Ideen 
soll die große Linie hervortreten lassen, auf der sich die Gedankengänge 
durch alle Zeiten bewegten. Wenn hiebei auf viel Bekanntes hingewiesen 
wird, möge dies als unvermeidlich hingenommen werden. Sobald die große 
Linie klarliegt, zeigen sich auch die Abweichungen deutlich und ebenso wird 
der Weg erkennbar, auf dem die geistige Entwicklung wieder zu den Grund¬ 
regeln zurückgefunden hat. 
Es dürfte im folgenden zweckmäßig sein, die Probleme des Kampf¬ 
verfahrens von anderen Fragen der Krieg- und Schlachtenführung in der 
Darstellung zu trennen. Letztere folgt dem allgemeinen historischen Ent¬ 
wicklungsgange aller europäischen Heere, betont aber die speziellen Ver¬ 
hältnisse unseres Heeres, besonders betreffend der letzten Jahrzehnte vor 
dem Kriege. Ähnliche Erscheinungen zeigten sich aber auch sonst überall. So 
werden denn die Urteile, die mit dieser Darstellung zusammenhängen, über 
unsere speziellen Verhältnisse hinausgehen müssen. 
Das Kampfverfahren. 
Die Infanterie. 
(Dlb.) Die Formen, in denen die Streiter in den Kampf treten, sind ur¬ 
sprünglich durch'den Gedanken an den Stoß beherrscht, denn der Stoß ist das 
natürliche Mittel des Kampfes. Der Wunsch, die Kraft des Stoßes zu stei¬ 
gern und die Widerstandsfähigkeit gegen feindliche Stöße zu erhöhen, führt 
aus der natürlichen Zusammenballung allmählich zu enggeschlossenen For¬ 
men. Von hier ausgehend, zeigen sich gewisse Unterschiede in der An¬ 
wendung lockerer und dichter Formationen. 
Lockere Formationen sind von der Gestaltung und Bedeckung des 
Bodens unabhängiger, doch machen sie es schwierig, einheitliche Gefechts¬ 
akte zustande zu bringen und auf diese kommt es an. 
Dem Stoße der geschlossenen, tiefgegliederten Masse können die in 
lockerer oder zerstreuter Form auftretenden Kämpfer nicht standhalten.
	        
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