Momentbilder
aus der Umsturzzeit.
Nach und nach kamen die Kriegsgefangenen zurück.
Einer von ihnen, der jahrelang in Sibirien gewefen war,
wurde zu feiner llberrafchung redit feierlich empfangen.
In der mit Blumen gefchmückten Pfarrhofhutfche wurde er
in Schwarzbach abgeholt und in Friedberg von einer großen
Menfchenmenge freudig begrübt. Die anderen harnen mei|t
unerwartet. Einer, der Hammermüller, am Weihnachtstag.
Es gab auch manchmal ein dramatifches Wiederfehen.
Ein 81 jähriger Greis, den meine witzigen Kapläne wegen
feiner ehrwürdigen Erfcheinung und wegen feiner Fröm¬
migkeit den „Patriarchen" nannten, war fchon lange Zeit
krank, altersfchwach. Oft fprach er von feinem Sohne, der
in ruffifcher Gefangenfchaft war. Schon feit drei Jahren!
Endlich kam der Sohn am 11. Oktober 1918 vormittag
zurück. Der Vater freute (ich fehr. Er wurde aber — viel¬
leicht infolge der Aufregung — immer fchwächer und lief?
den langersehnten Sohn nicht mehr von feiner Seite. Am
felben Tage noch ftarb er in den Armen des Sohnes. Es
war, als hätte er mit dem Sterben nur mehr auf feinen
Sohn gewartet.
Ein anderer Kriegsgefangener kehrte audi aus der
ruffifdien Kriegsgefangenfchaft zurück. Als er fein Vaterhaus
betrat, war feine alte Mutter gerade mit demGefchirrabwafchen
befchäftigt. Voller Freude eilte er auf fie zu und ftreckte
ihr die Hand zum Grufce entgegen. Sie blickte auf. „Johann,
bi|t du es?" rief fie freudig. Sie reichte ihm aber die Hand
nicht, fondern wifchte fie bedächtig an der Schürze ab und
legte fie auf ihren Rücken. „Johann, bi|t du noch ein Chrift?"
fragte fie ernft. „Aber Mutter!" rief er erftaunt. „Johann,
bift du noch ein Chrift ?" fragte fie nodi einmal. „Ja, Mutter!"
gab er zur Antwort. Jefjt er|t reichte fíe ihm die Hand
und begrüßte ihn froh.
Als der „Petfcher" von Studene (J. Danko) von der
Gefangenfchaft zurück kam, fand er feinen Inwohner Stoiber
fchwer krank vor. Ein merkwürdiges Gefchick! Als der
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