Volltext: Landeskunde von Oberösterreich

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Das Reich Ludwig's des Deutschen hieß das ostfränkische, 
zu welck>em das Land ob der Ens gehörte. 
Eine gefahrvolle Zeit, eine Sturm- und Drangperiode kam 
für unser Vaterland wieder heran, als gegen Ende des 9. Jahr¬ 
hundertes das Reitervolk der Magyaren im heutigen Ungarn 
zwischen der Donau und Theiß sich niederließ und von hier 
aus die benachbarten Länder mit Plünderungszügen heimsuchte 
in ähnlicher Weise, wie es einst die Avaren gemacht hatten. 
Die Magyaren stürzten zuerst das große Slavenreich, wel¬ 
ches Swatopluk in Mähren begründet hatte, dann richteten sie 
ihre Angriffe auf das ostfränkische Reich, dessen innere Ver¬ 
hältnisse damals sehr verwirrt waren. Der tüchtige König Ar¬ 
nulf war gerade damals gestorben und die ostfränkischen Großen 
wälten seinen erst 7jährigen Sohn Ludwig zum Könige (900— 
911). Er heißt in der Geschichte Ludwig das Kind. Der neue 
König stand in einem Alter, das weder zum Kampfe geschickt, 
noch zur Handhabung der Gesetze geeignet war; er konnte weder 
die Großen im Zaume halten, noch die Feinde vor Einbrüchen 
in das Reich bewahren. 
Im Jahre 900 brachen die Magyaren auf beiden Seiten 
der Donau zum 1. Male in die karolingische Ostmark ein und 
erschienen mit unglaublicher Geschwindigkeit jenseits der Ens. 
Sie verheerten die Umgebung dieses Flusses und zerstörten das 
Kloster St. Florian, das bald darauf wieder hergestellt wurde. 
Alles erfüllte das kühne Reitervolk mit Raub, Feuer und Mord. 
Der bairische Heerbann unter dem tapferen Markgrafen 
Luitpold und dem Bischof Richarius von Passau rückte gegen 
die Magyaren in's Feld, die mit der gemachten Beute rasch 
nach Hause kehrten. Nur ein kleiner Theil des magyarischen 
Heeres, der sich verspätet hatte, wurde am linken Donauufer 
unterhalb Mauthausen von den Baiern angegriffen und erlitt 
eine Niederlage. Die Baiern täuschten sich nicht über die furcht¬ 
bare Lage der Dinge. Das beste Vertheidigungsmittel wäre ge¬ 
wesen, rasch eine ganze Reihe von Festungen an der bedrohten 
Grenze zu errichten. 
Wegen der verwirrten Verhältnisse des ostfränkischen Rei¬ 
ches, in welchem damals zwischen dem Könige und den Großen 
und unter den Letzteren blutige Fehden wegen Wiederherstellung 
der alten herzoglichen Gewalten in den einzelnen Ländern herrsch¬ 
ten, konnten aber die Baiern von Seite des Reiches auf keine 
sichere Unterstützung rechnen. Sie erkannten, daß ein großer 
Theil der karolingischen Ostmark, nämlich das Land unter der 
Ens, auf die Dauer gegen das furchtbare Reitervolk, welches die 
eroberten Gebiete mit barbarischer Grausamkeit verheerte, nicht 
behauptet werden könne. Man beschränkte sich daher auf die 
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