Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (10, Die Neueste Geschichte / 1929)

Die große Wanderung und die neuen Zentren 
drei Provinzen: Santa Fe, Entre Rios und Buenos Aires anzulegen, 
die Gründung von geschlossenen Dorfsiedlungen und religiösen Ge 
meinden aber den Kolonisten zu überlassen. So entstanden in den 
Jahren 1892—1894 die Kolonien Mosesville, San Antonio, Morizia 
und Klara (die beiden letzteren nach den Vornamen des Barons 
Hirsch und seiner Gattin benannt) mit einer Gesamtzahl von etwa 
3ooo Bewohnern. In den folgenden Jahren trafen aus Rußland neue, 
von dem Petersburger Komitee der JCA beförderte Scharen von Ein 
wanderern ein, von denen viele aus den landwirtschaftlichen Kolonien 
Südrußlands stammten. Trotz aller Anstrengungen bezifferte sich in 
dessen die jüdische Landbevölkerung in Argentinien zu Beginn des 
XX. Jahrhunderts auf nur 7000 Seelen. Dieses langsame Tempo der 
Kolonisation erscheint übrigens angesichts der Schwierigkeiten, die 
es zu überwinden galt, durchaus natürlich. Sahen sich doch die An 
gekommenen, die in ihrer Mehrzahl bis dahin von der Landwirtschaft 
keine blasse Ahnung hatten, plötzlich in ein Land mit ungewohntem 
subtropischen Klima versetzt und vor die Aufgabe gestellt, jungfräu 
lichen Boden urbar zu machen, der zwar fruchtbar war, dessen Ertrag 
jedoch immer wieder von der Landplage Argentiniens, den Heu 
schreckenschwärmen, vernichtet wurde. Nichtsdestoweniger wurden 
die Kolonisten aller Schwierigkeiten Herr; sie verwandelten wilde 
Steppen in blühende Felder und durften daher den mit ihrem Schweiß 
getränkten Boden mit Fug und Recht ihr eigen nennen. Der erste 
Schritt zur Ansiedlung von Juden in Argentinien war getan. Auf die 
Kolonisation des flachen Landes, die bald zum Stillstand kam, folgte 
die Ansiedlung in den Städten, mit dem Ergebnis, daß die jüdische 
Gemeinde von Buenos Aires um die Jahrhundertwende bereits 10000 
Seelen umfaßte. 
Anders gestaltete sich der Prozeß der Einwanderung der Juden 
nach Kanada. In diesem nordamerikanischen Dominion des Britischen 
Reiches waren vor 1881 nicht mehr als 3ooo Juden ansässig, zu 
meist Nachkommen von aus England und Südfrankreich eingewan 
derten Sephardim. In Montreal und Toronto, den Hauptstädten der 
Provinzen Quebec und Ontario, von denen die erstere vorwiegend von 
den sogenannten Frankokanadiern, die letztere von Engländern be 
völkert war, waren die jüdischen Einwohner zu kleinen Gemeinden 
zusammengeschlossen. Die im Besitze des Vollbürgerrechts befind 
lichen alteingesessenen Juden hatten sich von der sie umgebenden
	        
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