Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (8, Die Neueste Geschichte ; 1928)

§ 31. Die vorübergehende Emanzipation (Westfalen, Frankfurt, Hamburg) 
wurde dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß „das schöne Beispiel, 
welches Frankreich gegeben, nicht in seinen Grenzen eingeschlossen 
bleiben möchte“. Die Frankfurter Adresse gelangte in der Versamm 
lung der jüdischen Deputierten zu der Zeit zur Verlesung, als sie 
voll Hoffnung dem Zusammentritt des „Großen Synhedrions“ ent 
gegensah, und so war das von ihrem Präsidenten Furtado an die 
deutschen Anhänger des Napoleon-Kultes gerichtete Schreiben in 
einem dem entsprechenden Geiste gehalten. Zwei Monate später hatten 
die Vertreter der Frankfurter Gemeinde, der Rabbiner Salomon Trier 
und Isaak Hildesheimer, bereits das Glück, an den Sitzungen des in 
zwischen zusammengetretenen Pariser Synhedrions unmittelbar teil 
zunehmen. In einer seiner letzten Sitzungen gaben die Frankfurter 
Abgeordneten die Erklärung ab, daß ihre Auftraggeber, „wenn sie, 
wie die Israeliten in Frankreich und im Königreich Italien, sich des 
Genusses der bürgerlichen Rechte erfreuen“ dürften, sich den Be 
schlüssen des Synhedrions bedingungslos anschließen würden. Die Er 
klärung stellte somit mit aller Unzweideutigkeit den Zusammenhang 
zwischen der Reform im Inneren und der Emanzipation fest, wo 
durch, nebenbei gesagt, das von den Frankfurter Abgeordneten bei 
ihrer Wallfahrt nach Paris verfolgte Ziel in das hellste Licht ge 
rückt ward. 
Die in Frankfurt neu errichtete Gewalt hatte es indessen mit der 
Emanzipation keineswegs eilig. Das Oberhaupt des Rheinbundes, der 
Fürst-Primas Karl Dalberg, mußte sich trotz seines französisch an 
gehauchten Liberalismus nach den Plänen seines Souveräns, Napo 
leons I., richten, der um diese Zeit mehr an die „Besserung“ als an 
die Befreiung der Juden dachte. Andererseits war es auch nicht 
leicht, den tief wurzelnden Judenhaß der Frankfurter Bürgerschaft zu 
überwinden, die nunmehr durch den modernisierten Senat vertreten 
wurde. Die Patrizier- und Bürgerkaste, die Jahrhunderte lang ge 
wohnt war, die Ghettoinsassen zu unterdrücken, leistete jedem Ver 
such, deren Lage zu verbessern, hartnäckigen Widerstand. Am unab 
weisbarsten erschien die Aufhebung des Ghettos, doch war Dalberg 
genötigt, sich auch in dieser Hinsicht auf eine nur teilweise Erleich 
terung zu beschränken. Gleich nach seiner Ankunft in Frankfurt gab 
er Weisung, der jüdischen Einwohnerschaft den Zutritt zu den ihr 
bislang streng verwehrten städtischen Anlagen zu gewähren. Als aber 
die Juden ihn hierauf darum angingen, die ganze sie bedrückende 
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