Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (8, Die Neueste Geschichte ; 1928)

Der Emanzipations- und Kulturkampf in Deutschland 
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in ihren Schulen deutsche Lehrer anstellen sollten; dies war die Be 
dingung, deren Erfüllung der jüdischen Jugend dereinst den ehren 
vollen Weg zum Heeresdienst bahnen sollte. Den so Reformierten 
wurde darüber hinaus die Freiheit in Aussicht gestellt, sich zur Ver 
meidung von Unannehmlichkeiten, gemäß der Anregung mancher jü 
dischen Aufklärer, nicht „Juden“, sondern „Mosaisten“ oder „Deisten“ 
zu nennen. Der dem König vom Generaldirektorium unterbreitete 
Reformentwurf klang in die folgende hoffnungsvolle Betrachtung 
aus: „Übrigens ist es uns höchst wahrscheinlich, daß in der dritten 
Generation, nach etwa 60 bis 70 Jahren, die Juden in allen bis auf 
wenige, dem Staat ganz unschädliche und gleichgültige Religions- 
differenzien, den Christen durchaus gleich sein werden und alsdann 
werden auch die noch bis dahin nötigen Einschränkungen gänzlich 
aufgehoben werden können“. 
Gegen Ende des Jahres 1789 wurde dieses Kanzlei-Elaborat den 
jüdischen „Generaldeputierten“ übermittelt, damit sie sich darüber 
schlüssig würden, ob sie im Namen der von ihnen vertretenen Ge 
meinden die in Aussicht gestellten „Vorrechte“ gegen Übernahme der 
entsprechenden Verpflichtungen in aller Form annehmen wollten. Der 
Reformplan, der erst der „dritten Generation“ Wohltaten verhieß, 
die gegenwärtige aber in ihrer entehrenden Rechtlosigkeit beließ, be 
deutete für die Deputierten eine schwere Enttäuschung. So überreich 
ten denn die von David Friedländer geführten Gemeindevertreter am 
28. Februar 1790 dem Generaldirektorium eine schriftliche Erklä 
rung des Inhalts, daß sie von ihren Auftraggebern nicht dazu bevoll 
mächtigt seien, ohne die Aufhebung der bestehenden Beschränkungen 
erreicht zu haben, neue Verpflichtungen einzugehen. Ihre Bitte um 
Abschaffung aller das Wohnrecht sowie die Gewerbefreiheit der Juden 
einengenden Ausnahmegesetze nachdrücklichst wiederholend, sprachen 
sie zugleich ihr Einverständnis mit der Verfügung schärfster Maß 
regeln gegen Wucher und unredlichen Handel aus. Die Erklärung 
schloß mit den folgenden an das Gewissen der Regierung appellieren 
den, der Feder Friedländers entstammenden Worten: „Es ist Zeit, 
daß uns die Fesseln abgenommen werden, die uns so lange beschwe 
ren. Wenigstens getrosten wir uns, daß Eine Hohe Landesregierung 
Ihrerseits Alles anwenden wird, den Unterschied, den die Verschieden 
heit der Religion festgestellt hat, soviel wie möglich in Vergessen 
heit zu bringen. Dies kann aber nicht anders geschehen, als wenn wir
	        
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