Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (6, Die Neuzeit ; Erste Periode / 1927)

§ 28. Der Dreißigjährige Krieg 
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ligen Metropole des erlösten Marranentums. Die Sephardimkolonie 
von Hamburg leistete aber zugleich auch den Aschkenasim Pionier 
dienste; zunächst kamen diese freilich in die ihnen verwehrte Stadt 
nur als vorübergehend weilende Geschäftsleute, um hier jedoch mit 
der Zeit auch dauernden Wohnsitz zu nehmen. Die Wirksamkeit der 
Hamburger Aschkenasim sollte indessen erst später, in der zweiten 
Hälfte des XVII. Jahrhunderts, voll in Erscheinung treten. 
§ 28. Der Dreißigjährige Krieg (1618—1648) 
Der über ganz Deutschland wie ein verheerender Sturm dahin 
brausende Dreißigjährige Krieg brachte auch für die Juden nicht 
wenig Unheil mit sich, doch war diesmal der von der gesamten Be 
völkerung geteilte Schmerz gleichsam ein „halber Trost“. In den 
blutigen Kämpfen der Katholiken mit den Protestanten verhielten 
sich die Juden völlig neutral, während sie an das unvermeidliche Un 
gemach des Krieges, an Plünderungen, Ausweisungen und Requisi 
tionen, schon von Friedenszeiten her gewohnt waren. Die Gewalt 
taten eines Tilly und Wallenstein, der Schweden oder Franzosen konn 
ten den Insassen des ewig bedrohten Ghettos bei weitem nicht so 
großen Schrecken einjagen wie ihren christlichen Nachbarn, die nun 
an ihrem eigenen Leibe den in ihrer Mitte wütenden Religionshaß 
verspürten. Zwar ließ die neutrale Stellung der Juden sie nicht selten 
zwischen zwei Feuer geraten, doch wurden sie ebenso häufig von den 
beiden sich befehdenden Parteien gleichzeitig umworben. Von beson 
derem Vorteil für die Mehrzahl der Juden war der Umstand, daß 
sie, wie sie zu sagen pflegten, „unter den Fittichen des Adlers“, d. h. 
unter dem Schutze des deutschen Kaisers standen, der jetzt noch 
mehr als früher auf ihre Dienste angewiesen war. Die unersetzliche 
Quelle zur Finanzierung des Krieges, wie sie die jüdischen Gemein 
den von Wien, Prag oder Frankfurt am Main darstellten, mußte von 
den kaiserlichen Führern der katholischen Liga, von Ferdinand II. 
und Ferdinand III., mit der größten Schonung behandelt werden, und 
so ließen sie der jüdischen Bevölkerung stets ihre hohe „Fürsorge“ 
angedeihen. 
Am konsequentesten wurde die Friedenspolitik gegenüber den Ju 
den der Kaiserstadt Wien befolgt. Um die jüdischen Bankiers und 
Heereslieferanten hatte sich hier eine Menge ihrer Stammesgenossen
	        
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