Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§12. Die Disputation in Barcelona 
9 3 
christlichen Verfechter sein, denen ja auch noch ganz andere, den 
Streitern der Inquisition schon längst geläufig gewordene Beweismittel 
reichlich zur Verfügung standen. So wandte er sich denn vorher an 
den König und an Pennaforte mit der Bitte, ihm volle Redefreiheit zu 
gewähren. Pennaforte stellte indessen die Gegenbedingung, daß der 
Rabbiner der Ehre der Kirche nicht zu nahe träte, worauf Ramban 
ihm zur Antwort gab: „Aber freilich, ich will ja nicht eurem Gerichte 
verfallen. Ich möchte nur, daß mir die gleiche Redefreiheit gewährt 
sei wie euch und ich werde schon in meiner Ausdrucksweise den An 
stand zu wahren wissen“. Daraufhin wurde dem Antrag des Ramban 
stattgegeben. Zur Begründung seiner ersten These berief sich nun 
mehr Paulus Christiani auf die von den Christen schon so oft falsch 
gedeuteten Bibelverse, z. B.: „Es wird das Zepter von Juda nicht ent 
wendet werden, bis daß der Erlöser komme“, wobei er triumphierend 
ausrief: Das Zepter ist ja den Juden schon längst entrissen, ihr habt 
weder König noch Land und Christus der Erlöser ist es also, mit des 
sen Kommen die Juden ihres irdischen Reiches verlustig gegangen 
sind. Ramban hielt ihm aber entgegen, es sei ja schon früher einmal 
der Fall gewesen, daß die Juden ihres Staates zeitweilig beraubt wor 
den waren, nämlich während des babylonischen Exils, und doch sei 
der Messias, auch nach dem Glauben der Christen, damals noch nicht 
erschienen. Auch in der talmudischen Haggada suchte Paulus eine 
Reihe dunkler Stellen heraus, die, wie er meinte, auf das schon er 
folgte Erscheinen des Messias hinwiesen. Nun entspann sich ein langer 
Wortkampf, in dessen Verlauf Ramban die ironische Bemerkung fal 
len ließ: „Fra Pablo scheint also den Talmud besser zu kennen als 
die Talmudisten selbst. Seiner Meinung nach erkannten sie sowohl 
Jesus wie seine Lehre an, warum handelten sie aber dann nicht wie 
fra Pablo (nahmen nicht die Taufe an)?“ Unter anderem führte Ram 
ban auch das übliche jüdische Argument gegen das Christentum ins 
Treffen: noch immer sei die Weissagung der Propheten, wonach mit 
dem Erscheinen des Messias eine Ära ewigen Friedens anbrechen 
würde, nicht in Erfüllung gegangen: „Heißt es doch, daß die Völker 
dann ihre Schwerter in Pflugscharen umschmieden und nicht mehr 
kämpfen lernen werden, wie schlimm würde es aber dir, o König — 
so wandte sich der Rabbiner an den königlichen Eroberer — und dei 
nen dich hier umgebenden Rittern ergehen, wenn ihr das Kriegshand 
werk schon jetzt verlernen wolltet!“
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.