Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§11. Die autonome Gemeinde (Aljama) 
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gelöst wie in diesem Lande, wo rings um den Thron des klugen und 
energischen Monarchen die dominikanische Inquisition ihre Ränke 
schmiedete. 
§ 11. Die autonome Gemeinde (Aljama) 
Im XIII. Jahrhundert lebten die Juden überall in Aragonien ab 
gesondert von den Christen in besonderen Straßen. Im jüdischen Vier 
tel (Call judaicum, Juderia) gab es zwar hie und da einzelne christ 
liche Häuser, doch gingen auch diese nach und nach in jüdische Hände 
über (einem Befehle Jakobs I. gemäß durften nämlich solche Häuser 
ausschließlich an Juden verkauft werden). An manchen Orten führte 
ein besonderer Toreingang in der Stadtmauer oder am Ende der be 
treffenden Straßen in das jüdische Viertel, so daß der ganze Stadt 
teil in Notfällen von der Außenwelt abgesperrt werden konnte. Die 
territorial in der „Juderia“ zusammengefaßte Gemeinde war durch 
die nationale Selbstverwaltung in gewissem Maße auch politisch zu 
einer Einheit verbunden. Die jüdische Gemeinde, in Spanien „Al 
jama“ oder „Alhama“ 1 ) genannt, galt seit der Zeit Jakobs I. als eine 
völlig autonome Organisation, die ihre eigenen gewählten Vorsteher 
sowie ihre besonderen administrativen und gerichtlichen Behörden be 
saß. Dem König und seinen Provinzialstatthaltern stand nur das Recht 
der Bestätigung und der Kontrolle der von der Gemeinde ernannten 
Amtspersonen zu. Aus den erhalten gebliebenen zahlreichen Urkunden 
ist indessen zu ersehen, daß der König, der auf die jüdische Selbst 
verwaltung ein scharfes Auge hatte, zuweilen keinen Anstand nahm, 
in die Gemeindeangelegenheiten selbstherrlich einzugreifen. Die Re 
gister der zu bestätigenden neuerwählten Gemeindeältesten oder „Adel- 
antados“ wurden von ihm auf das sorgfältigste geprüft. Auch die 
Rabbiner und die nach jüdischen Gesetzesnormen („asuna“) Recht 
sprechenden Richter mußten von dem König in ihrem Amte bestätigt 
werden. Überdies bedurften die wichtigeren Beschlüsse des Gemeinde 
rates der königlichen Konfirmierung; nötigenfalls regte der König 
auch selbst die Beschlußfassung über neue Maßnahmen an, die er 
1) Das Wort „aljama“ rührt von dem arabischen „al-djamaa“ her, das in der 
Form: „djamaa-al-jehud“ als Bezeichnung für die jüdische Gemeinde oder deren 
Gemeinderat gebräuchlich war. Von den Spaniern übernommen, wurde das Wort 
der kastilischen Aussprache des Lautes j gemäß „alhama“ ausgesprochen, wie 
dies aus seiner lateinischen Transkription in einem aus dem Jahre 1268 stam 
menden Dekret Jakobs I. zu ersehen ist.
	        
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