Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Die Juden im christlichen Spanien (XIII. Jahrhundert) 
der Geistlichkeit und traf dann Verfügungen, die die Beziehungen 
zwischen Juden und Christen überaus gespannt machten: so zwang er 
die Juden, den Missionspredigten der Dominikaner beizuwohnen sowie 
mit diesen über Glaubensfragen öffentlich zu disputieren, und nahm 
keinen Anstand, gleich Ludwig dem Heiligen, auch die jüdischen reli 
giösen Bücher zu verfolgen. 
Der zwischen Gesetz und Praxis klaffende Widerspruch kam auch 
sonst in der Handlungsweise dieses Monarchen nur zu oft zum Vor 
schein. Zu Beginn seiner Regierung nahm er, dem Drängen der Geist 
lichkeit nachgebend, eine Reihe von Kirchenkanons in das gemeine 
Recht auf, so auch jenen, der den Juden die Bekleidung öffentlicher 
Ämter untersagte. In der Praxis wurde aber dieses Gesetz von Jakob I. 
ständig mißachtet und er pflegte seine jüdischen Untertanen nicht 
nur zu Steuereinnehmern zu ernennen, sondern zuweilen auch in das 
verantwortliche Amt eines „Bajulus“, d. i. eines königlichen Stadt 
richters oder Fiskals, einzusetzen. So war Jehudci de Cavalleria lange 
Zeit als königlicher Bajulus in Saragossa tätig, ebenso wie Vidal S,alo- 
mon und Beneveniste de Porta in Barcelona und Astrug Jakob in Tor- 
tosa. Überdies bekleideten Juden sowohl am Hofe des Königs wie an 
-dem seines Sohnes, des Infanten Pedro, das Amt von „Alfaquimen“ 
oder Übersetzern aus dem Arabischen und anderen Sprachen ins Ka- 
stilische und wurden auch mit verschiedenen diplomatischen Auf 
trägen betraut (so Bahiel, Bonsenior u. a.). Es verdient noch Erwäh 
nung, daß Jakob I. gleich vielen anderen Herrschern jener Zeit seine 
Gesundheit wie die seiner Familie, ohne sich an das Kirchen verbot zu 
Ikehren, der Fürsorge jüdischer Ärzte anzuvertrauen pflegte. 
Die finanzielle Machtstellung verlieh denen, die die Kirche zu Skla 
ven erniedrigen wollte, Einfluß und Ansehen. Dies der Grund, wes 
halb sich die Warenhandel, Gewerbe und an einigen Orten auch Land 
wirtschaft 1 ) treibenden aragonischen Juden mit ganz besonderer Vor 
liebe dem Kreditgeschäft zuwandten. Jakob I. strebte nun danach, 
1) Aus den amtlichen Akten ist zu ersehen, daß die Juden 'Farmen (al- 
querias), Gärten und Weinberge besaßen und mit Getreide, Öl, Käse, Tuch sowie 
anderen „nach Maß und Gewicht verkäuflichen“ Waren, wie auch mit Vieh han 
delten. Daneben gab es unter ihnen Schiffsreeder, die das Transportgeschäft zwi 
schen den Häfen Spaniens und Marokkos betrieben. Indessen kam es oft vor, daß 
den Juden kraft der Ortsbräuche oder „fueros“ der Handel mit Lebensmitteln und 
einigen anderen Artikeln untersagt wurde. Manche Notizen bezeugen außerdem 
das Gedeihen bedeutender jüdischer Werkstätten. 
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