Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 9. Kastilien in der Epoche der Reconquista 
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deckungen der neueren Zeit den Fachleuten als ein unentbehrliches 
Hilfsmittel dienten. Der bereits erwähnte Arzt Jehuda Kohen und an 
dere jüdische Gelehrte übersetzten auf Wunsch des Königs astrono 
mische und astrologische Werke aus dem Arabischen ins Spanische. 
Der wachsende Einfluß der Juden am spanischen Hofe rief indessen 
bald den Unwillen der klerikalen Partei hervor, die ihre Klagen wie 
derholt in Rom laut werden ließ. Der Papst Nikolaus III. wandte sich 
darauf an Alfons mit einem Hirtenbrief, in dem er dem König die 
flagrante Verletzung der Konzilbeschlüsse vorwarf und Kastilien we 
gen der „den Juden über die Christen eingeräumten Gewalt“ schweres 
Unheil prophezeite, doch verhallten alle diese Ermahnungen ohne Ant 
wort. Die von dem katholischen Rom für die Juden erfundene Verfas 
sung der Rechtlosigkeit wurde eben im Mittelalter oft ebensowenig be 
achtet wie in neuester Zeit die verfassungsmäßige Gleichberechtigung. 
Die glänzende Laufbahn des jüdischen Almojarifs Zag de Malea 
sollte übrigens ein trauriges Ende finden. Der Sohn Alfons’ des Wei 
sen, der Infant Sancho, der mit seinem Vater in Fehde lag, verstand 
es nämlich, dem jüdischen Schatzmeister eine bedeutende, aus Steuer 
eingängen stammende Geldsumme abzulisten, die für den Unterhalt 
der in Algeciras gegen die Mauren kämpfenden Flotte bestimmt war. 
Der darob erzürnte König ließ Zag mitsamt seinen Geschäftsgenossen 
in den Kerker werfen. Als dann der Infant von seinem Feldzug nach 
Sevilla zurückkehrte, wurde der unglückliche Don Zag an dem Palais 
des Infanten vorbei durch die Straßen der Stadt geschleift und vor 
dessen Augen hingerichtet (1280). Nicht genug damit, befahl Alfons 
auch noch viele Vertreter der jüdischen Gemeinden an einem Sabbat, 
da sie gerade in den Synagogen beteten, zu verhaften, worauf er ihnen 
eine sehr schwere Geldbuße auf erlegte. Raid darauf gelang es jedoch 
dem Infanten Sancho, sich an die Spitze der dem König feindlichen 
Partei zu stellen, seinen Vater zu entthronen und die Zügel der Re 
gierung an sich zu reißen. 
Einige Jahre nach seiner Thronbesteigung ließ Sancho IV. die Ab 
geordneten der jüdischen Gemeinden von Kastilien, Leon, Murcia und 
Andalusien in Huete zusammentreten und trug ihnen auf, die den Ju 
den auferlegten Steuerlasten unter die einzelnen Gemeinden zu ver 
teilen (1290). Neben der üblichen Kopfsteuer legte man jedem über 
zwanzig Jahre alten Gemeindemitglied auch noch eine besondere 
„Dienststeuer“ (servicio) in der Höhe von 3 Maravedi oder 3o Denari
	        
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