Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Das französische Zentrum und die englische Kolonie 
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rund 4ooo Mark, im Jahre i23o: 6000, im Jahre 1282: 18000, 
und von 1289 ab mußte jeder Jude sogar einen dritten Teil seines 
Vermögens hergeben. Nicht wenig blieb hierbei an den Händen der 
Steuereinnehmer haften, die nicht selten ärgster Unterschleife über 
führt werden konnten. Aus Steuer technischen Gründen wurden die Ju 
den in bestimmten Städten konzentriert. Aus manchen Orten wurden 
sie auf das Drängen der christlichen Bevölkerung, die sich hierbei auf 
ihre Autonomie berief, ganz ausgewiesen: so aus Newcastle (i234), 
aus Southampton (i236), aus Newbury (i244) usw. Im Jahre 12 53 
wurde beschlossen, den Juden nur in denjenigen Städten den Auf 
enthalt zu gestatten, in denen Schatzkammern zur Registrierung und 
Aufbewahrung von Schuldverschreibungen und anderen Handels 
urkunden (archa) vorhanden waren. Auf diese Weise wurde der An- 
siedlnngsrayon der Juden in England im ganzen auf fünfundzwanzig 
Städte beschränkt. In diesen wurde allerdings der Gewerbefleiß und 
der finanzielle Unternehmungsgeist der Juden ermutigt, doch war 
ihnen die Übersiedlung in andere Gegenden, geschweige denn die Aus 
wanderung aus England oder gar die Kapitalausfuhr strengstens 
untersagt, alles um der Vorteile des königlichen Schatzes willen. Der 
vom König ernannte „Presbyter“ der jüdischen Gemeinden Englands 
hatte für die reguläre Beitreibung der Staatsabgaben bei den einzelnen 
Gemeinden Sorge zu tragen und durfte zu diesem Zwecke auch 
Zwangsmaßnahmen an wenden. Die Gemeindeorganisation war recht 
lich anerkannt: die Verwaltung wurde von „Parnassim“ und „Gab- 
baim“ versehen, während ein Kollegium aus drei „Dajanim“ die rich 
terlichen Funktionen ausübte. Indessen wußte der königliche Fiskus 
auch diese Zellen eigengesetzlichen Lebens seinen Interessen dienstbar 
zu machen. Im Jahre 1241 berief Heinrich III. nach Worcester ein 
jüdisches „Parlament“, an dem sich über hundert Abgeordnete aller 
Gemeinden beteiligten. In dem Einladungsschreiben hieß es, daß die 
Vertreter der Judenheit „zusammen mit dem König über alles zu be 
raten haben werden, was seine und ihre Interessen berührt“. Die Ju 
den erhofften nun davon eine Besserung ihrer Lage, insbesondere eine 
Erleichterung der Steuerlasten, gingen aber in ihren Erwartungen 
durchaus fehl. Gleich nach Eröffnung der Versammlung wurde den 
Abgeordneten kundgetan, daß der König von den jüdischen Gemein 
den einen einmaligen Beitrag in der Höhe von 20000 Mark fordere 
und die Versammelten für die pünktliche Entrichtung dieser Summe
	        
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