Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Sechstes Kapitel 
Das östliche Europa und der jüdische 
Orient 
§ 62. Der Aufschwung der Kolonien in Polen 
unter Kasimir, dem Großen 
In den letzten zwei Jahrhunderten des Mittelalters bildete Polen 
das Hauptziel der jüdischen Auswanderung aus Deutschland. Die vom 
Westen nach dem Osten hin verlaufende Bewegung war nach wie vor 
durch zweierlei Ursachen bestimmt: einerseits wurden die Juden 
durch den in die polnischen Städte sich ergießenden Strom deutscher 
Ansiedler mitgerissen, andererseits wurden sie aber auch durch 
speziell jüdisches Ungemach dorthin getrieben: durch die Verfolgun 
gen der „Judenschläger“, der Armleder und durch die im Zusam 
menhang mit dem „Schwarzen Tod“ angezettelten Hetzen im XIV. 
Jahrhundert, sowie durch die systematische Ausweisung ganzer jüdi 
scher Gemeinden aus verschiedenen deutschen und österreichischen 
Städten im nächstfolgenden Jahrhundert. Das die freiwilligen wie 
die unfreiwilligen Auswanderer bereitwillig aufnehmende Polen war 
um jene Zeit politisch erstarkt und stand im Begriffe, in ein höheres 
Stadium seiner wirtschaftlichen Entwicklung einzutreten. König 
Wladislaw Lokietek (i3o6—i333), dem es gelungen war, das Sy 
stem der Teilfürstentümer fast gänzlich zu beseitigen, machte den 
Weg für die staatliche Einheit Polens frei, während sein friedlieben 
der Sohn Kasimir der Große (i333—1370) unablässig bemüht war, 
in dem vereinigten Reiche das bürgerliche und wirtschaftliche Leben 
in geordnetere Bahnen zu lenken. In der Förderung der Kolonisation 
durch die Zuwanderer aus Deutschland erblickte Kasimir ein siche 
res Mittel zur Belebung von Handel und Industrie im Lande. Die 
Interessen aller Stände, die der leibeigenen Bauern miteingeschlos
	        
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