Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Italien zur Zeit der Frührenaissance 
folgende Innocenz VIII. (i484—1492) unterließ es denn auch nicht, 
gegen die „geheimen Juden“ spezielle Maßnahmen zu ergreifen: zwei 
Kardinale erhielten den Auftrag, auf die Marranen ein wachsames 
Auge zu haben, und im Jahre i485 wurden acht von ihnen in Rom 
von der römischen Inquisition verhaftet und in den Kerker geworfen. 
§ 59. Die Gemeinden Oberitaliens. Simon Tridentinus 
Das in der Metropole der Christenheit in den Beziehungen zu den 
Juden mit Notwendigkeit in den Vordergrund gerückte religiöse Mo 
tiv bildete in den Handelsstädten Oberitaliens, wo die materiellen 
Interessen der jüdischen und der christlichen Bevölkerung hart auf 
einander stießen, nur den erwünschten Deckmantel zur Verschleie 
rung von Motiven rein wirtschaftlicher Natur. In dem in eine Viel 
heit von Stadtrepubliken und selbständigen Herzogtümern zersplitter 
ten Italien fehlte es an einem einheitlichen Reglement für die jü 
dische Bevölkerung, und so richtete sich das ihr gegenüber bekundete 
Verhalten nach der jeweiligen Schärfe des Wettbewerbes, in dem sie 
auf dem Gebiete des hochentwickelten italienischen Waren- und Geld 
handels mit ihren christlichen Nachbarn lag. 
Von den zwei miteinander rivalisierenden, zu Brennpunkten des 
Welthandels gewordenen italienischen Republiken stand den Juden 
nur die von Venedig offen; hingegen blieb Genua ihnen gänzlich ver 
schlossen, und die Rücksichtslosigkeit der Behörden ging dort so weit, 
daß sie im Jahre i4p3, als ein Schiff mit spanischen Exulanten im 
Hafen von Genua vor den Winterstürmen Zuflucht suchte, den Ob 
dachlosen die Landung aufs entschiedenste verwehrten. Die schon 
zur Zeit der Kreuzzüge zur Königin der Meere gewordene Republik 
von Venedig erweiterte im XIII. Jahrhundert ihren Herrschaftsbe 
reich durch den Erwerb eines Teiles des byzantinischen Territoriums, 
der Insel Kreta oder Candia sowie einiger anderer Inseln im ägäi- 
schen Meere, wodurch sie auf dem Balkan, dem Mittelpunkt des Le 
vantehandels, festen Fuß zu fassen vermochte. Nach einem hundert 
jährigen Kampfe mit der Rivalin, der Republik von Genua, gelang es 
Venedig, auch in Italien selbst wertvolle Erwerbungen zu machen. Seit 
dem Beginn des XV. Jahrhunderts gehörten zum Besitzstand der Repu 
blik : Padua, Verona, Brescia und manche andere oberitalienische Städte, 
die bedeutende jüdische Gemeinden auf wiesen. In der ersten Zeit be 
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